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Durchsuchung verfassungswidrig

Nachricht von:
Christian Worch

Parchim, den 10. Juni 2010


"Auflage der polizeilichen Durchsuchung sämtlicher Teilnehmer einer
Versammlung wegen mangelhafter Gefahrenprognose verfassungswidrig".

Das ist die Überschrift einer heute morgen gegen 8.30 Uhr vom
Bundesverfassungsgericht herausgegebenen Pressemitteilung. (Beschluß vom
12. Mai 2010, 1 BvR 2636/04.)

Gegenständlich war eine Demonstration gegen die
Anti-Wehrmachts-Ausstelung am 2. März 2002 in Bielefeld. (Ja, ist schon
lang her...) Die Polizei Bielefeld war so dumm, dort die formelle
Auflage zu etwas zu machen, was sie anderswo ohne Auflage einfach so
durchführen: Nämlich, daß die Versammlung erst nach Durchsuchung
sämtlicher Teilnehmer beginnen dürfe. Diese Auflage wurde natürlich
angefochten.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab; die Begründung war - wie in
solchen Fällen üblich - eher ein wenig abenteuerlich. Das
berühmt-berüchtigte Oberverwaltungsgericht Münster folgte natürlich
seiner Vorinstanz. Anders war das da auch schwerlich zu erwarten. Also
erfolgte im Jahre 2004 die Verfassungsbeschwerde, die nunmehr, nach
sechs Jahren, auch entschieden wurde.

Anders als beispielsweise bei der Verfassungsgerichtsentscheidung wegen
der jahrelang untersagten und nunmehr zugelassenen Wortfolge "Nationaler
Widerstand" ist dies natürlich eine Einzelfallentscheidung. Die Polizei
wird sich künftig darauf berufen, daß sie jeden einzelnen Fall bezüglich
Gefahrenprognose neu zu entscheiden hat. Das ist nun mal in einem
formalistischn-bürkratischen Staat. Aber diese repressive Maßnahme zu
halten, wird für sie künftig erheblich schwieriger sein.

Es wird nun, damit dieser Erfolg auch durchgreift und in die Breite
wirkt, die Aufgabe anderer Veranstalter sein, für jede Versammlung, wo
eine solche durchgängige Durchsuchung stattgefunden hat, Klage zu
erheben und diese sogenannte Gefahrenprognose gerichtlich bis
nötigenfalls verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen.

Christian Worch


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