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Dortmund - Befangenheit, die dritte....

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 2. September 2009

Dortmund - Befangenheit, die dritte....


Erwartungsgemäß hat am vergangenen Freitag das Oberverwaltungsgericht
die Befangenheitsanträge gegen den Präsidenten Dr. Bertrams und drei
weitere Richter des OVG zurückgewiesen. Es wäre ja auch sehr
unwahrscheinlich gewesen, wenn Richter des OVG ihren eigenen
Gerichtspräsidenten aus einem Verfahren "herausgeboxt" hätten. Das kann
dem beruflichen Fortkommen sicherlich nicht nützlich sein...

Aber da der Beschluß für unanfechtbar erklärt worden ist bzw. er es von
Gesetzes wegen ist, eröffnet er eine völlig andere Möglichkeit, einen
unkonventionellen Rechtszug.

Jetzt ist also Gelegenheit, die Frage der Befangenheit (richtiger: der
berechtigten dringenden Besorgnis, er könnte befangen sein) des Herrn
Dr. Bertrams zum Verfassungsgericht zu tragen. Gerade im Lichte des
sogenannten "Richterstreits", den Dr. Bertrams und sein OVG nicht nur
mit Beschlüssen, sondern auch mit Artikeln in Fachzeitschriften seit
Jahren gegen das Bundesverfassungsgericht führen, hat das
Verfassungsgericht jetzt Gelegenheit, einmal ein Machtwort in dieser
Angelegenheit zu sprechen.

Möglicherweise wird es das nicht im Eilverfahren tun; oder
möglicherweise hat das OVG die Beschwerde im eigentlichen Verfahren
schneller zurückgewiesen, als das Verfassungsgericht über die Frage der
"dringenden Besorgnis der Befangenheit" entscheiden kann. Dann aber
bleibt immer noch die eigentliche Verfassungsbeschwerde, so daß in
diesem Fall einmal Richter eines anderen - in dem Fall des höchsten! -
Gerichts darüber entscheiden müssen, ob ich aufgrund seiner öffentlichen
Äußerungen berechtigt "die dringende Besorgnis haben kann, daß Dr.
Bertrams mir gegenüber befangen sei".

Nachfolgend Verfassungsbeschwerde und Eilantrag:

Christian Worch Bleicherstarße 15 19370 Parchim
An das
Bundesverfassungsgericht
Schloßbezirk 3
76131 Karlsruhe




vorab per Telefax: 0721 - 9101 382


Eilangelegenheit
Bitte sofort vorlegen!



Hiermit erhebe ich

Verfassungsbeschwerde

mit dem Antrag,

festzustellen, daß der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009,
5 B 1231 / 09,

mich in meinem verfassungsmäßigen Recht aus Artikel 101 i.V.m. Art. 103
Grundgesetz, Recht auf den gesetzlichen Richter und Recht auf
rechtliches Gehör, verletzt.

Weiterhin stelle ich

Antrag auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung
gem. § 32 BVerfGG,

mit der die Richter Dr. Bertrams, Präsident des Oberverwaltungsgerichts,
sowie die Richter Dr. Schnieders, Dr. Sarnighausen und Holtbrügge, alle
Richter am Oberverwaltungsgericht, von der Entscheidung über die von mir
eingelegte Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen vom 12. August 2009, 14 L 746 / 09, anhängig beim
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, dort unter 5 B
1231 / 09, ausgeschlossen werden.

Der genannte Beschluß wird als

Anlage 1

beigefügt.

Sachverhalt:

Herr Dennis Giemsch, Dortmund, hat für Sonnabend, den 5. September 2009,
in Dortmund eine öffentliche Kundgebung unter freiem Himmel mit Umzug
(Demonstration) angemeldet. Abweichend von seiner ursprünglichen
Absicht, diese selbst zu leiten, hat er aus familiären Gründen die
Leitung mir übertragen. Das Polizeipräsidium Dortmund hat diese
Versammlung unter Anordnung des Sofortvollzuges gem. § 15 Abs. 1 - erste
Alternative - VersG verboten. Das Verbot wurde an mich adressiert, was
möglicherweise eine Fehladressierung ist, weil ich lediglich der
(vorgesehene) Versammlungsleiter bin, nicht jedoch der Anmelder oder
Veranstalter. Die Fehladressierung ist insofern jedoch unschädlich, als
auch ich von dem Versammlungsverbot betroffen bzw. beschwert bin. Ich
habe daher Klage zum Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erhoben und
zugleich Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage
gestellt. Der letztgenannte Antrag wurde mit Beschluß vom 12. August
zurückgewiesen. Hierauf habe ich, vertreten durch die Hamburger
Rechtsanwältin Gisa Pahl, Beschwerde eingelegt. Außerdem habe ich,
vertreten durch die genannte Rechtsanwältin, mit Schriftsatz vom 24.
August 2009 Ablehnungsgesuch bzw. Befangenheitsantrag gegen die Richter
Dr. Bertrams, Dr. Schnieders, Dr. Sarnighausen und Holtbrügge gestellt.
Eine Kopie des Ablehnungsgesuches bzw. Befangenheitsantrages füge ich als

Anlage 2
(mit weiteren dort bezeichneten Anlagen)
bei.

Die Dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter werden als

Anlage 3


beigefügt.

Die Stellungnahme meiner Anwältin zu den Dienstlichen Äußerungen der
abgelehnten Richter werden als

Anlage 4

beigefügt.

Die Ablehnungsgesuche bzw. Befangenheitsanträge wurden mit Beschluß vom
28. August 2009 - Anlage 1 - zurückgewiesen. Der Beschluß wurde meiner
Anwältin vorab per Telefax übermittelt.

Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde:

Die Voraussetzung der Rechtswegeerschöpfung ist gegeben. Der Beschluß
des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist
unanfechtbar; damit ist kein weiteres Rechtsmittel gegen diesen außer
der Erhebung der Verfassungsbeschwerde mehr gegeben.

Zulässigkeit des Antrages auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung:

Das Bundesverfassungsgericht kann gem. § 32 BVerfGG Einstweilige
Anordnungen erlassen, wenn dies erforderlich ist zur Abwehr eines
drohenden schweren Nachteils, wegen drohender Gewalt oder aus sonstigem
wichtigen Grund. Geltend gemacht werden hier ein drohender schwerer
Nachteil sowie auch der sonstige wichtige Grund. Als sonstiger wichtiger
Grund ist insbesondere das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine
geordnete und unparteiische Rechtsprechung anzusehen. Dieses Vertrauen
ist durch den sogenannten "Richterstreit" zwischen dem
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen einerseits und
dem Bundesverfassungsgericht andererseits stark beeinträchtigt. Das
Bundesverfassungsgericht ist ein Verfassungsorgan. Es kann nicht
angehen, daß ein Fachgericht, das als solches kein Verfassungsorgan ist,
aber an Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts gebunden ist,
permanent, hartnäckig und penetrant gegenläufig entscheidet und daß der
an diesen Entscheidungen beteiligte Präsident des besagten
Oberverwaltungsgerichts dies auch noch gegenüber der Öffentlichkeit in
Fachzeitschriften zu rechtfertigen versucht.

Zur Begründung der Verfassungsbeschwerde:

Zunächst einmal wird zur Begründung der Verfassungsbeschwerde bezug
genommen auf die nachfolgende Begründung des Antrages auf Einstweilige
Anordnung. Es wird aber ausdrücklich erwähnt, daß weitere Begründung zur
eigentlichen Verfassungsbeschwerde binnen der gesetzlichen Monatsfrist
nachgereicht werden wird, denn die Begründung des Eilantrages findet
unter den besonderen Umständen des summarischen Verfahrens statt, sprich
unter Zeitdruck.

Zur Begründung des Antrages auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung:

Es wird vollinhaltlich Bezug genommen auf den Vortrag aus dem
Schriftsatz der Rechtsanwältin Gisa Pahl vom 24. August 2009, vergl.
Anlage 2.

Unter teilweise Wiederholung sowie unter Berücksichtigung der
Ausführungen in dem Beschluß des OVG vom 28. August 2009 wird hierzu
näher ausgeführt:

Zutreffend ist, daß bei der Mitwirkung an einer Kollegialentscheidung im
Regelfall nicht gesichert ist, ob diese von allen drei Richtern des
Kollegiums getroffen worden ist oder von einer zwei-Drittel-Mehrheit;
und wenn letzteres der Fall ist, welcher Richter abweichend von der
Mehrheit entschieden hat. Regelmäßig steht das Beratungsgeheimnis
solcher Kenntnis entgegen. Im vorliegenden Falle jedoch hat es eine
Vielzahl von öffentlichen Äußerungen von Herrn Dr. Bertrams gegeben, die
zwingend zu dem Schluß führen, daß die insgesamt dreizehn aufgelisteten
Kollegialentscheidungen, die kurz darauf vom Bundesverfassungsgericht
aufgehoben worden sind, von ihm mitgetragen worden sind oder
möglicherweise auch einstimmig gefaßt worden sind, was beides zum
gleichen Ergebnis führt, soweit es Herrn Dr. Bertrams betrifft.

In diesen öffentlichen Äußerungen hat Herr Dr. Bertrams sich zwar nicht
über den Beschwerdeführer und Antragsteller als Person geäußert, wohl
aber über eine politische Szene oder Richtung, der der Beschwerdeführer
und Antragsteller angehört; sogar prominent angehört. Damit ist von
diesen öffentlichen Äußerungen der Beschwerdeführer und Antragsteller
zwar nicht als Einzelperson, aber als einer aus einer umgrenzbaren
Gruppe gemeint. Die Quintessenz seiner öffentlichen Äußerungen ist, daß
Herr Dr. Bertrams das Grundgesetz und das Versammlungsgesetz dahingehend
fehlinterpretiert, daß den Angehörigen dieser umgrenzbaren Gruppe das
Demonstrationsrecht per se nicht zusteht.

Ein solcher Rechtsirrtum könnte als belanglos betrachtet werden, wenn
der, der ihn hat, aufgrund einer Entscheidung des Höchstgerichts diesen
Rechtsirrtum korrigiert und künftig - wie das Gesetz es verlangt - die
Entscheidungen des Höchstgerichts für sich als bindend anerkennt und
sich danach ausrichtet.

Dies aber tut Herr Dr. Bertrams ausweislich sowohl seiner Mitwirkung an
Beschlüssen des OVG als auch ausweislich seiner öffentlichen Äußerungen
erklärtermaßen nicht. Im Gegenteil hält er an seinem Rechtsirrtum
permanent, penetrant und hartnäckig fest, wobei er - wie oben ausgeführt
- unter anderem riskiert, das Ansehen der Rechtsprechung in der BRD
generell gegenüber nicht nur einem Fachpublikum, sondern einer breiten
Öffentlichkeit zu gefährden.

Im Schriftsatz meiner Anwältin sind insgesamt dreizehn Fälle
aufgelistet, in denen Beschlüsse des OVG durch Beschlüsse des hier
angerufenen Höchstgerichts aufgehoben worden sind. Alle dreizehn Fälle
betreffen Demonstrationen von Rechtsradikalen (synonym
Rechtsextremisten, Neonazis; zur sprachlichen Vereinfachung wird künftig
für alle drei höchstens geringfügig unterscheidbare Personengruppen der
Oberbegriff Rechtsradikale verwendet). Herr Dr. Bertrams zeigt damit
eindeutig und unverkennbar ein Vorurteil gegen Rechtsradikale, die von
dem Grundrecht aus Artikel 8 GG Gebrauch machen wollen, weil er meint,
dieses stünde ihnen per se, also auch von Gesetzes wegen, nicht zu.

Dies muß als Ausdruck von Befangenheit betrachtet werden.

Unmaßgeblich ist hierbei, ob Herr Dr. Bertrams wirklich befangen ist
oder nicht. Entscheidend ist die Frage, ob ein verständiger
Verfahrensbeteiligter die dringende Befürchtung haben kann, er sei es.
Dies ist gegeben.

Interessant ist hierbei auch die Lektüre der dienstlichen Äußerungen der
vier abgelehnten Richter, die sich aus der Anlage zu Anlage 2 ergeben,
nämlich aus dem Schreiben des OVG (vertreten durch RiOCG Dr. Kuhlmann)
vom 26. August 2009. Hier erklärt lediglich RiOVG Dr. Schnieders
ausdrücklich: "Ich halte mich nicht für befangen." Sowohl Herr Dr.
Bertrams als auch die Richter Dr. Sarnighausen und Holtbrügge verzichten
auf diese Erklärung und ziehen sich auf die Formel zurück, es läge kein
Grund vor, der geeignet sei, Mißtrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu
rechtfertigen. Allein schon dieser Umstand weckt weitere Zweifel an der
Unbefangenheit der Richter Dr. Bertrams, Dr. Sarnighausen und Holtbrügge
beziehungsweise ist ein weiterer dringender Grund, ihnen gegenüber die
dringende Besorgnis der Befangenheit zu haben.

Zu wiederholen ist insbesodere hier das Argument, das meine Anwältin in
ihrem Schriftsatz vom 26. August 2009 - weitere Anlage zu Anlage 2 -
vorgetragen hat. Wenn ein Bürger sich in einer Rechtssache binnen sieben
Jahren zwölfmal hintereinander irrt und sich daher rechtswidrig (oder
strafbar) verhält, hat er mit äußerst erheblichen Konsequenzen zu rechnen.

Vor einigen Jahren wurde ein Geschäftsmann auf einer norddeutschen
Autobahn, deren Teilstück auf Tempo 100 limitiert war, "geblitzt" und
erhielt einen Ordnungswidrigkeitsbescheid. Der Geschäftsmann vermochte
den Grund für das Tempolimit nicht zu sehen und focht den
Ordnungswidrigkeitsbescheid aus diesem Grunde an. Das Verfahren endete
letztlich damit, daß auch die Gerichte keinen Grund sahen, warum auf
diesem Teilstück der Autobahn nur Tempo 100 erlaubt war. Der Mann gewann
nicht nur sein Verfahren, sondern in Reaktion auf die gerichtlichen
Entscheidungen wurde das Tempolimit entweder aufgehoben oder auf 130
km/h erhöht; das ist mir nicht mehr konkret erinnerlich.

Nun stelle man sich bitte einmal vor, er hätte sich im Irrtum befunden,
er hätte permanent weiter auf diesem Teilstück die Geschwindigkeit um
mindestens 30 km/h übertreten, wäre dabei insgesamt weitere zwölfmal
"geblitzt" worden und hätte sich zudem mehrfach gegenüber der
Öffentlichkeit dahingehend geäußert, daß er im Recht sei. Die
unvermeidliche Folge wäre gewesen, daß ihm der Führerschein entzogen
worden wäre, und wegen der Hartnäckigkeit seines Verhaltens und der
öffentlich geäußerten Uneinsichtigkeit würde er diesen allenfalls wieder
zurückerlangen können, nachdem er sich einer medizinisch-psychologischen
Untersuchung unterzogen und in dieser seine charakterliche Eignung zur
Führung eines Kraftfahrzeuges unter Beweis gestellt hätte.

Aus den genannten Gründen ist zwingend davon auszugehen, daß Herr Dr.
Bertrams weiterhin den Standpuntk vertritt, Menschen wie der
Beschwedeführer hätten per se kein Recht darauf, eine Demonstration
durchzuführen bzw. zu leiten, und daß dieser Standpunkt in die
anstehende Beschwerdeentscheidung des OVG gegen den Beschluß des
Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 12. August 2009 einfließen wird,
was zum Nachteil sowohl des Beschwerdeführers ist als auch zum Schaden
für die Rechtsordnung insgesamt sowie das Ansehen der Justiz insgesamt.

Daher ist Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung angezeigt.

Unterzeichner ist zur Zeit nicht im Besitz einer
Festnetz-Telefonleitung und
daher auch nicht per Telefax zu erreichen. Aus diesem Grunde wird
höflich gebeten, die Entscheidung im summarischen Verfahren vorab
per Telefax an meine Rechtsanwältin, Frau Gisa Pahl, Dahlengrund 55 e,
21077 Hamburg, zu übermitteln, und zwar an deren Telefax-Nummer
040 - 761 124 14. Frau Pahl hat insofern Empfangsvollmacht mit Wirkung
für und gegen mich.

Als Beschwerdeführer und Antragsteller:



Christian Worch



Diese Sendung umfaßt insgesamt

Seiten Verfassungsbeschwerde und Eilantrag,
5 Seiten Anlage 1
34 Seiten Anlage 2 mit weiteren Anlagen
2 Seiten Anlage 3
2 Seiten Anlage 4


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