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Dortmund-Verbot: Klage erhoben

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 21. Juli 2009


Nachricht von:
Christian Worch

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

in Sachen des Dortmund-Verbots wurde am Sonnabend, dem 18. Juli, von mir
die Klage und Verfügungsklage (Antrag auf Herstellung der aufschiebenden
Wirkung der Klage) per Einschreiben-Rückschein an das Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen abgeschickt.

Um für größtmögliche Transparenz gegenüber allen Kameraden und
Demonstranten zu sorgen, werde ich die einzelnen Schritte im Rechtskampf
um die Dortmunder Anti-Kriegstags-Demonstration so weit wie technisch
möglich dokumentieren. Daher folgt im Anhang die Klage. Teile davon, die
persönliche Angelegenheiten eines Kameraden betreffen oder wo
ladungsfähige Anschriften in Beweisanträgen angegeben sind, habe ich
ausgelassen; die Auslassungen sind entsprechend markiert.

Mit besten Grüßen
Christian Worch

Anlage:
Klage
Christian Worch Bleicherstraße 15
19370 Parchim

TEL: 0175 -- 246 58 54

e-mail: christian@worch.info


Christian Worch, Bleicherstraße 15, 19370 Parchim Parchim, den
17. Juli
2009
EINSCHREIBEN-RÜCKSCHEIN
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Bahnhofsvorplatz 3
45879 Gelsenkirchen





Hiermit erhebe ich

Klage

gegen

Polizeipräsidium Dortmund
- künftig kurz Gegner genannt --
Markgrafenstraße 102
44139 Dortmund

und werde beantragen,

die Verfügung vom 14. Juli 2009,
mit der mir als Leiter die Durchführung
einer für den 5. September 2009 an-
gemeldeten Demonstration untersagt
wird, aufzuheben.

Weiterhin stelle ich
Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO

die aufschiebende Wirkung meiner Klage
gegen die für sofort vollziehbar erklärte
Verfügung herzustellen.

Kopie der angegriffenen Verfügung wird als Anlage 1 -- nur für das
Gericht -- beigefügt.

Zur Begründung -- vorläufig nur des Aussetzungsantrages -- trage ich vor
wie folgt:

1. Sachverhalt:

Die Sachverhaltsschilderung findet sich auf Seiten 2 und 3 der
angegriffenen Verfügung. Dieser kann überwiegend zugestimmt werden.
Unbekannt ist hier, daß bis zum 14. Juli 2009 insgesamt 28
(achtundzwanzig) Versammlungen angemeldet worden sind, die als
Gegenveranstaltungen zu der hier streitgegenständlichen Versammlung
anzusehen sind. Dies wird klägerseitig jedoch als wahr unterstellt.

Zu ergänzen ist der Sachverhalt durch einen von Gegner offenbar
mutwillig ausgelassenen Umstand.

1.1. Die persönliche Verhinderung des Herrn Giemsch:

----------------------------------------------------------------------------------
---- Hier folgen Ausführungen, warum Dennis Giemsch an der Leitung aus
persönlichen Gründen verhindert ist. Da diese Ausführungen höchst
persönliche Angelegenheiten von Dennis Giemsch betreffen, werden sie in
die öffentliche Version der Klage nicht mit aufgenommen.
----------------------------------------------------------
----------------------------------------------------------------------------

2. Die "eindeutige Entwicklung" es Antikriegstages in Dortmund:

Im speziellen Begründungsteil trägt Gegner auf den Seiten 5 und 6 (Punkt
III.1) vor, daß bei der nunmehr bereits viermal durchgeführten
Versammlung zu diesem Motto eien Veränderung der Teilnehmerstruktur
stattgefunden habe.

Gegner bezieht sich hierbei auf die Vorabfassung des
Bundesverfassungsschutzberichts 2008.

Diese liegt hier nicht vor; es wird

Verfahrenslenkende Weisung

beantragt, daß Gegner diese dem Gericht vorzulegen habe, und es wird um
Hergabe einer Kopie davon an mich durch das Gericht gebeten.

Schon vor dem Vorliegen dieser Kopie muß festgestellt werden, daß die
Übernahme der Behauptungen des Verfassungsschutzes für Gegner nicht
hilfreich ist. Denn Gegner zitiert ausdrücklich: "...bei denen teilweise
nur ein massives Polizeiaufgebot schwere Zusammenstöße zwischen
gewaltbereiten Rechts- und Linksextremisten verhinderte".
(Zitat nach Seite 5 unten der Verfügung.)

Also hat es bei den genannten Versammlungen -- Hamburg und Dortmund --
keine schweren Zusammenstöße gegeben ,weil nach Darlegung des
Verfassungsschutzes diese ja verhindert worden sind.

(Anmerkung: Soweit es hiesigerseits beurteilt werden kann, ist mit
"Hamburg" eine Demonstration am 1. Mai 2008 gemeint. Welche mit
"Dortmund" gemeint war, kann hiesigerseits nicht genau gesagt werden; es
wird vermutet, daß es sich um die damalige Demonstration zum
Antikriegstag gehandelt hat, die hiesiger Erinnerung nach ungefähr am 6.
September 2008 stattgefunden hat.)

3. Autonome Nationalisten

3.1. die bfv-themenreihe:

Auf Seite 6 seiner Verfügung zitiert Gegner aus einer bfv-themenreihe
vom Mai 2007. Diese Schrift liegt hier nicht vor. Es wird gleichfalls

Verfahrenslenkende Weisung

beantragt, daß Gegner dem Gericht diese Schrift vorzulegen habe, und es
wird gleichfalls gebeten, dem Kläger hiervon eine Kopie zu übermitteln.

Darüber hinaus ist auch ohne konkrete Kenntnis dieser Schrift
festzuhalten, daß Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz in
solchen Fällen vornehmlich auf szenischen Quellen beruhen.

Maßgeblich ist mithin nicht das Derivat, das der Verfassungsschutz
produziert hat, sondern das Original; dieses zitiert Gegner auf der
gleichen Seite (Seite 6 bzw. auch Seite 7) der angegriffenen Verfügung
mit einem Auszug aus der Netzquelle "autonomer-widerstand.de" vom Mai 2005.

3.2. Die Selbstdefinition:

Aus dieser Selbstdefinition läßt sich kein unfriedliches Verhalten per
se erschließen.

Maßgeblich ist die Formulierung von "entschlossenem Widerstand". Diese
ist offenbar an Artikel 20 Abs. 4 Grundgesetz angelehnt, das allgemeine
Recht auf Widerstand gegen jeden, der es unternimmt, diese
(grundgesetzliche) freiheitlich-demokratische Grundordnung zu
beseitigen. Versammlungs- und Meinungsfreiheit (Ausfluß aus Artikeln 8
und 5) sind wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung; sie gehören zu den ersten
zwanzig Artikeln des Grundgesetzes, die sogenannten "Ewigkeitswert" haben.

Der Erklärung läßt sich entnehmen, daß ein -- wohlgemerkt: Ein! --
anonymer Protagonist der "Autonomen Nationalisten" dafür plädiert, im
Falle von rechtswidrigen Behinderungen einer Demonstration von Mitteln
einfacher körperlicher Gewalt Gebrauch zu machen.

Aus dem Kontext ergibt sich, daß diese Methode erst zur Anwendung kommen
soll, wenn Ziele und Durchsetzung einer Versammlung gefährdet sind.

Mit anderen Worten, es wird zur Rechtsverwirklichung aufgerufen.

Die Verwirklichung eines willkürlich verweigerten Rechtes aber ist nicht
unfriedlich, weil sie von den Bestimmungen über Notwehr (ggfs. auch
Nothilfe) gedeckt sind und weil die Ausübung von Notwehr (sofern keine
Überschreitung derselben durch unangemessene Mittel erfolgt) nicht
unfriedlich ist.

Der Gesetzgeber selbst hat diesem Umstand Rechnung getragen. Er hat
Widerstand gegen die Staatsgewalt ebenso wie einfachen (nicht schweren)
Landfriedensbruch straffrei gestellt, wenn die Maßnahme der
Staatsgewalt, gegen die dieser Widerstand oder Landfriedensbruch sich
richtet, rechtswidrig war.

Wenn der Gesetzgeber solches Verhalten dezediert straffrei stellt, ist
damit der Beleg für nicht vorhandene Unfriedlichkeit erbracht; denn
würde der Gesetzgeber darin eine rechtswidrige Handlung sehen, hätte er
diese unter Strafe gestellt. Liegt aber keine rechtswidrige Handlung
vor, liegt auch keine Unfriedlichkeit vor.

3.3. Beiziehungsantrag:

Es wird beantragt, die Klage des Herrn Alexander Deptolla gegen die
Polizei Dortmund (Geschäftszeichen des Gerichts hier zur Zeit nicht
bekannt, wird nachgereicht) beizuziehen. Gemeint ist die nach dem 1. Mai
2007 erhobene Klage wegen polizeilichen Verhaltens gegenüber
Demonstranten, die sich auf dem Wege zu der damals von Herrn Deptolla
angemeldeten Demonstration befanden und die im Bereich der Rheinischen
Straße von der Polizei unter Gewaltanwendung aufgehalten wurden, so daß
ihr Eintreffen am Versammlungsort sich erheblich verzögerte und damit
der Ablauf der Versammlung gleichfalls erheblich beeinträchtigt war.

Es wird auf den dortigen klägerseitigen Vortrag -- des Herrn Deptolla --
vollinhaltlich Bezug genommen.

Dieser Fall darf als exemplarisch gelten.

Das Verhalten der Staatsgewalt war bei dieser Gelegenheit rechtswidrig.
Die Teilnehmer befanden sich auf dem Weg zu einer angemeldeten
Versammlung; sie standen damit auch auf dem Weg dorthin schon unter
besonderem grundgesetzlichen Schutz. Sie einfach -- und dann noch unter
Gewaltanwendung -- aufzuhalten, war rechtswidrig.

Hieraus also ergibt sich, wie bei verständiger Würdigung die Äußerung
des einen (!) anonymen Protagonisten der "Autonomen Nationalisten" zu
verstehen ist.

3.4. Wer ist denn nun autonom....?!

Auf Seite 7 (bis Seite 8 oben) der angegriffenen Verfügung zitiert
Gegner erneut aus der Vorabfassung des Verfassungsschutzberichts für 2008.

Hier ist zu erfahren, daß der Kleidungsstil Autonomer Nationalisten von
anderen Rechtsextremisten kopiert wird.

Damit ist die Frage, wie viele Teilnehmer einer Demonstration sich
beispielsweise mit schwarzen Kapuzenpullovern bekleiden oder sogenannte
Hip-Hop-Hosen tragen, unmaßgeblich für die Beurteilung, wie viele von
diesen Autonome Nationalisten sind.

Geradezu niedlich ist in diesem Text übrigens eine Formulierung des
Verfassungsschutzes. "...vorhandene Wille, den eigenen Zielen -- wenn
nötig auch physisch -- Nachdruck zu verleihen."

Es stellt sich hier die Frage, warum der Begriff "physisch" verwendet
worden ist und wie dieser zu verstehen ist und warum nicht ein anderer
verwendet worden ist. Bei semantisch korrekter Betrachtung des Textes
des Verfassungsschutzes will der Verfassungsschutz damit offenbar
ausdrücken, daß dezediert keine rechtswidrige Gewalt ausgeübt wird. Denn
anderenfalls hätte er von "gewaltsam" gesprochen und nicht den erheblich
neutraleren Begriff "physisch" verwendet bzw. von "physischem Nachdruck"
gesprochen.

Neuerlich ist der VS-Bericht bzw. dessen Vorabdruck ein schlechtes
Zeugnis für die Polizei Dortmund, denn er drückt absolut nicht aus, was
die Polizei Dortmund daraus herauslesen möchte, sondern eher das Gegenteil.

3.4. Jahresbericht des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien

Auf Seite 8 der angegriffenen Verfügung zitiert Gegner aus dem
Jahresbericht des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder.
Dieser liegt hier nicht vor. Es wird

Verfahrenslenkende Weisung

beantragt, Gegner habe diesen Bericht dem Gericht vorzulegen, und es
wird gebeten, dem Kläger hiervon eine Kopie zu übermitteln.

Aber schon das wiedergegebene Zitat ist hiesiger Auffassung nach
erhellend. Da wird behautpet, daß "der Schwarze Block Rechts öffentlich
von Führungspersonen der rechten Szene instrumentalisiert werde, wie die
Ereignisse am 1. Mai 2008 in Hamburg eindrucksvoll gezeigt hätten".

Abgesehen von der Verwendung des Plurals entspricht dies meinem
Kenntnisstand.

Bevor sich der Demonstrationszug am 1. Mai 2008 in Hamburg formierte
bzw. loszog, fand eine Lautsprecherdurchsage durch Herrn Thomas Wulff
statt. Obwohl persönlich anwesend, habe ich diese nicht selbst gehört,
wobei eine leichte Schwerhörigkeit meinerseits eine Rolle gespielt haben
mag; oder ich war zu weit von der Lautsprecheranlage entfernt, um
Durchsagen zu verstehen, und außerdem war ich gerade im Gespräch mit
anderen begriffen. Ich habe mir jedoch später den Inhalt seiner
Durchsage referieren lassen. Hierzu stelle ich

Beweisantrag

wie folgt:

Beweismittel: Zeugnis des Stefan Schölermann, zu laden über seine
Dienstanschrift, Norddeutscher Rundfunk (Redaktion NDR-Info),
Rothenbaumchaussee, Hamburg.

Beweistenor: Der Zeuge wird bekunden: Er hat die Durchsage des Herrn
Wulff gehört. Diese hatte sinngemäß folgenden Inhalt: "Auf dem Hügel
dort befindet sich der Journalist Andre Aden, der sein Geld damit
verdient, daß er Portraitphotos von Kameraden ins Internet stellt und
diese dann Probleme mit Arbeitgebern, Familie und so weiter bekommen."

Herr Wulff hat dezediert nicht dazu aufgerufen, gegen Herrn Aden tätlich
vorzugehen. Indes mag es natürlich sein, daß er dies zumindest billigend
in Kauf genommen hat. Welche Motivation er tatsächlich hatte,
verschließt sich meiner Kenntnis, weil ich mit Herrn Wulff über
bürgerliche Höflichkeitsfloskeln wie "guten Tag" und "auf Wiedersehen"
hinaus nicht zu kommunizieren pflege.

Eine Wiederholung eines solchen Vorganges kann für die
streitgegenständliche Demonstration ausgeschlossen werden. Nicht nur
wegen des Vorganges vom 1. Mai 2008 in Hamburg, sondern auch aus Gründen
politischer Animosität zwischen Herrn Wulff und mir habe ich nicht die
Absicht, Herrn Wulff auf der von mir zu leitenden Demonstration als
Redner auftreten zu lassen. Ich habe im Gegenteil die Absicht, einen
Posten Mikrophon (Doppelposten) einzuteilen, der die strikte Weisung
hat, daß unter keinen Umständen jemand sich des Mikrophons der
Lautsprecheranlage zu bemächtigen hat, den ich nicht ausdrücklich hierzu
bestimmt habe; und Herr Wulff wird definitiv nicht zu den Personen
gehören, die ich dazu zu bestimmen gedenke.

3.5. Der Freie Widerstand Süddeutschland:

Auf Seite 8 bis Seite 9 oben der angegriffenen Verfügung wird aus einer
Stellungnahme des Freien Widerstandes Süddeutschland zitiert.

Diese ist unmaßgeblich. Aufgrund der beträchtlichen Entfernung zwischen
Süddeutschland und Dortmund wird zu der streitgegenständlichen
Demonstration nicht mit Teilnehmern aus Süddeutschland gerechnet; oder
wenn doch welche kommen sollten, dann in so geringer Zahl, daß sie auf
die Versammlung als solche keinen Einfluß nehmen können.

Darüber hinaus ist auch diese Stellungnahme nach semantischen Kriterien
zu bewerten und auszudeuten. Es wird darin von "sinnvollen Reaktionen,
die sich gegen Polizeibeamte und Gegendemonstranten richten...."
gesprochen. Zunächst einmal spricht der anonyme Autor hier von
"Reaktionen". Eine Reaktion ist keine Aktion. Wenn ich jemandem eine
Ohrfeige gebe, ist das eine Körperverletzung. Hat die Person jedoch
zunächst mich geohrfeigt und hebt sodann die andere Hand in der
erkennbaren Absicht, mir eine weitere Ohrfeige zu geben, und gebe ich
dann ihm eine Ohrfeige, ist dies die straffreie Abwehr eines
gegenwärtigen und dortdauernden Angriffs auf mich, sprich Notwehr.
Insofern kann also die erwähnte "Reaktion" -- zumal noch adjektivisch
unterstütz durch "sinnvolle Reaktion" -- nicht als aktive, aggressive
Gewalt gedeutet werden, sondern als Ausübung von Notwehr. Es ist
übrigens auch kein Widerspruch, wenn der Autor anschließend die Vorzüge
schwarzer Kleidung dahingehend preist, daß es für jemanden dan einfach
sei, in der Menge unterzutauchen und nicht festgenommen zu werden. Ich
habe mehrfach bei Demonstrationen folgende Erfahrung gemacht: Unsere
(angemeldete und behördlich bzw. gerichtlich zugelassene) Demonstration
wurde von linksextremistischen Störern mit Steinen, Flaschen etc.
beworfen, ohne daß die Polizei imstande war, wirksam dagegen
einzuschreiten, weil die Störer außerhalb des uns eng umschließenden
Polizeikordons nach der sogenannten "hit-and-run-Taktik" vorgingen. Wenn
hingegen jedoch einer der Teilnehmer der Demonstrationen, die ich
besucht habe, einen vorher auf ihn bzw. auf andere und ihn geworfenen
Stein aufgehoben und zurückgeworfen hat, ist er in vielen Fällen von der
Polizei festgenommen worden.

Festzuhalten ist nach meiner Lebenserfahrung -- die sich mit der einer
Vielzahl mir bekannte Demonstranten deckt - , daß ein Teilnehmer einer
politisch radikal rechten Demonstration ein ungleich viel höheres Risiko
läuft, von der Polizei festgenommen zu werden, ohne daß er eine
rechtswidrige Handlung begangen hat, als der Teilnehmer einer politisch
radikal linken oder irgendeiner anderen Demonstration.

Der Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz gilt für Angehörige
der radikalen rechten Minderheit offenbar bestenfalls eingeschränkt.

Nicht anders ist beispielsweise auch das vorliegende Versammlungsverbot
zu erklären, während es umgekehrt immer wieder vorkommt, daß
Gegendemonstrationen, die sich gegen eine Demonstration des politisch
radikal rechten Lagers richten, zugelassen werden, obwohl ungezählte
Male solche Gegendemonstrationen bzw. ihre Teilnehmer vorher gewalttätig
geworden sind.

Auch hatten wir beispielsweise in meiner früheren Heimatstadt Hamburg
unlängst erst wieder das "Schanzenfest" (benannt nach dem Stadtteil
"Schanzenviertel"), das regelmäßig jährlich als alternatives (sprich
politisch links geprägtes) Straßenfest stattfindet und genau so
regelmäßig jährlich nach Einbruch der Dunkelheit in eine Strßenschlacht
ausartet. Dieses Jahr wurden dabei meiner Erinnerung nach siebzehn
Polizeibeamte verletzt. Nicht anders sieht es in Berlin mit den
sogenannten "revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen" aus, die regelmäßig
in massive Straßenschlachten münden und trotzdem regelmäßig nicht
verboten werden....

Diese politisch motivierte und politisch gewollte Ungleichbehandlung ist
also als gerichtsoffenkundig vorauszusetzen; wenn das Gericht anderer
Meinung sein sollte, wird um entsprechenden Hinweis gebeten, dann werde
ich hierzu eine Menge Beweisanträge stellen....

3.6.: Neuerlich -- wer ist denn eigentlich Autonomer Nationalist?!

Auf Seite 9 der angegriffenen Verfügung ist die Rede davon, daß
politische Aktionen (in Dortmund) zunehmend von jüngeren Aktivisten
übernommen wurden, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes den
Autonomen Nationalisten zuzurechnen seien.

Unter Punkt 3.4 ist bereits ausgeführt worden, daß nach Darlegung des
Vorabberichts zum Verfassungsschutzbericht 2008 der Kleidungsstil
autonomer Nationalisten zunehmend von anderen Rechtsextremisten
übernommen wird. Also haben wir es auch hier mit einer Bewertung des
Gegners zu tun, die nicht auf Umstände gestützt ist. Denn angesichts der
eindeutig formulierten Erkenntnis des Verfassungsschutzes kann aus dem
Kleidungsstil eben nicht geschlußfolgert werden, ob der Träger dieser
speziellen Kleidung nun Autonomer Nationalist oder anderer
Rechtsextremist (oder möglicherweise gar Linksextremist!) ist.

3.7.: 1. Mai 2007 -- 1. Mai 2008 - 6. September 2008 -- 1. Mai 2009

Gegner spricht hier von Ausschreitungen Autonomer (oder angeblich
autonomer....) Nationalisten aus Anlaß der drei genannten
Demonstrationen in Dortmund.

Zum 1. Mai 2007 ist klägerseitig bereits vorgetragen worden; es wird auf
den Beiziehungsantrag unter Punkt 3.3. verwiesen.

Zum 6. September 2008:

Es wird

Verfahrenslenkende Weisung

Beantragt, Gegner möge dem Gericht mitteilen und dokumentieren, gegen
wieviele Teilnehmer des Aufzuges (der Demonstration) vom 6. September
2008 denn überhaupt Strafverfahren eingeleitet worden sind und welchen
Stand diese Strafverfahren haben, insbesondere, ob es in dem
Zusammenhang zu Verurteilungen von Personen gekommen ist und, wenn ja,
wegen welcher Delikte.

Hier ist lediglich bekannt, daß ein Teilnehmer der Demonstration
festgenommen worden ist. Ich habe diese Festnahme nicht persönlich
beobachtet (bei einer Demonstration, die von mir gezählt ca. 1.340
Teilnehmer hat, ist es schwer möglich, seine Augen überall zu haben),
aber mir wurde davon durch Herrn Dennis Giemsch berichtet. Nach dem
Bericht des Herrn Giemsch ersuchte ein Polizeibeamter ihn, ihm bzw.
seinen Kollegen und ihm einen Demonstranten zuzuführen, der angeblich
oder tatsächlich irgendeine rechtswidrige Tat begangen hatte. (Ich
erinnere nicht mehr, was für eine.) Man wollte die Personalien des
Mannes aufnehmen oder ihn festnehmen; er befand sich jedoch in einer
größeren Menge an Demonstranten, und ihn dort mit Einsatz von
Polizeibeamten herauszuholen, hätte möglicherweise die
Verhältnismäßigkeit der Mittel überschritten. Herr Giemsch begab sich
daraufhin zu diesem Teilnehmer und bat ihn, sich der Polizei zur
Verfügung zu stellen. Dies tat der Mann auch.

Eine Eidesstattliche Versicherung des Herrn Giemsch über den Vorgang
wird nachgereicht. Sofern Herr Giemsch erinnert, wer der Betroffene war,
und sofern zu diesem Kontakt hergestellt werden kann, wird auch von ihm
eine Eidesstattliche Versicherung angefordert und, wenn sie vorliegt,
dem Gericht nachgereicht.

Dieser Vorgang zeigt übrigens in exemplarischer Weise, daß Herr Giemsch
ein ausgesprochen verantwortungsbewußter und auf Deeskalation
hinwirkender Versammlungsleiter ist.

Auf Seite 12 oben der Verfügung wird behauptet, die Versammlung vom 6.
September 2008 habe den "kooperierten Abschlußkundgebungsort" erreicht.
Zunächst einmal ist hier nicht ganz verständlich, was ich mir unter
einem "kooperierten Abschlußkundgebungsort" vorzustellen habe. Es könnte
damit gemeint sein, daß es der Ort war, an dem aufgrund des
Kooperationsgespräches die Abschlußkundgebung hätte stattfinden sollen.
Dies entspricht nicht meinem Kenntnisstand. Meinem Kenntnisstand
entspricht hingegen, daß diese an einem anderen, ungefähr hundertfünfzig
oder zweihundert Meter entfernten Ort hätte stattfinden sollen, die
Polizei aber die Versammlungsteilnehmer daran gehindert hat, diesen Ort
zu erreichen.

Es wird

Verfahrenslenkende Weisung

beantragt, Gegner habe dem Gericht den Auflagenbescheid für die
Demonstration am 6. September 2008 vorzulegen; das Gericht wird
weiterhin gebeten, dem Kläger sodann hiervon eine Kopie zuzuleiten.
Hieraus wird sich ergeben, daß der Ort, an dem die Demonstration
ungefähr hundertfünfzig oder zweihundert Meter vor Erreichen ihres
Zielpunktes aufgehalten worden ist, nicht identisch ist mit dem Ort der
Abschlußkundgebung der per Auflagenbescheid festgelegten Wegstrecke.

Die Aufhaltung der Teilnehmer durch die Polizei war insofern rechtswidrig.

Zum 1. Mai 2009:

Auf Seiten 12 bis 14 wird über Ereignisse am 1. Mai 2009 in Dortmund
berichtet.

Zunächst einmal zeigt Gegner hier eine Desorientierung, indem Herr
Giemsch als Leiter einer Versammlung am 1. Mai 2009 in Dortmund
angesprochen wird. Dies war er nicht. Tatsache ist, daß Herr Giemsch und
eine Vielzahl anderer Personen sich am Bahnhof getroffen haben und die
Absicht bestand, nach Siegen zu fahren.

Aus Gründen, die mir nicht bekannt sind und die auch Herr Giemsch mir
gegenüber nicht nennen konnte, begab sich ein Großteil der dort
versammelten Personen dann jedoch in Form eines (nicht angemeldeten)
Demonstrationszuges in die Innenstadt. Herr Giemsch gehörte nicht zu
diesen Personen, noch viel weniger hat er sich an die Spitze dieses
Zuges gesetzt. Als die Personen sich in Bewegung setzten -- wovon Herr
Giemsch selbst überrascht war - , befand er sich mit einer kleineren
Gruppe von 30 bis 40 Personen noch in Bahnhofsnähe. Er wurde von
Polizeibeamten angesprochen, diesen Zug aufzuhalten. Herr Giemsch wies
darauf hin, daß ihm das nicht möglich sei. Schließlich hatte Herr
Giemsch ja auch nicht die Hilfsmittel, über die ein Versammlungsleiter
ansonsten gebietet; er hatte weder eine Lautsprecheranlage, mit der er
akustisch auf andere hätte einwirken bzw. sie zu etwas aufrufen können,
noch hatte er Ordner, die er als seine Handlungsgehilfen hätte aussenden
können, um auf Personen bzw. Teilnehmer einzuwirken. Als ersichtlich
war, daß auch niemand anderer imstande oder gewillt war, diesen Zug
aufzuhalten, begab Herr Giemsch sich nach hause. Dies wurde auch
ausdrücklich von Polizeibeamten (in dem Fall wohl Zivilpolizisten der
Abteilung Staatsschutz) registriert. Denn Herr Giemsch ging in die
andere Richtung, sprich dem in die Innenstadt führenden Zug
entgegengesetzt. Einer der Polizeibeamten fragte ihn, wo er denn hin
wolle, und Herr Giemsch sagte, er ginge jetzt nach hause; der Plan einer
gemeinsamen Reise zu der Demonstration in Siegen hatte sich ja offenbar
erledigt, und an der nicht angemeldeten Versammlung wollte Herr Giemsch
nicht teilnehmen.

Die Darlegung der Polizei ist hier also bewußt falsch, denn dieser
Ablauf mußte der Polizei bekannt sein.

Auch hierzu wird eine eidesstattliche Versicherung von Herrn Giemsch
vorgelegt werden.

Daß Herr Deptolla sich bei der Versammlung befunden hat, bleibt
klägerseitig unwidersprochen.

Soweit auf Seite 13 behautpet wird, der Einsatzleiter der Polizei sei
von drei Personen angegriffen und von einer Preson getreten worden, so
daß er zu Boden ging, wird hierzu

Beweisantrag

gestellt:

Beweismittel: Zeugnis des Polizeieinsatzleiters vom 1. Mai 2009, der von
drei Personen angegriffen worden ist und infolge eines Tritts zu Boden
ging, zu laden über seine Dienstanschrift, Polizeipräsidium Dortmund,

Beweisthema: Der Zeuge wird bekunden, daß er sich der Demonstration in
den Weg gestellt und den Zeugen Alexander Deptolla angebrüllt hat: "Herr
Deptolla, Herr Deptolla, was machen Sie hier für einen Scheiß!"
Weiterhin wird er bekunden, daß er versucht hat, Herrn Deptolla zu
ergreifen. Er wird bekunden, daß daraufhin drei Personen ihrerseits ihn
festgehalten haben, um zu verhindern, daß er Herrn Deptolla festhält,
woraufhin er Pfefferspray gezogen hat und nach Einsatz des nämlichen von
einer der drei Personen getreten wurde.

Weiterhin wird

Beweisantrag:

gestellt:

Beweismittel: Zeugnis des Alexander Deptolla, (--hier folgt im Original
ladungsfähige Anschrift---)

Beweithema: Der Zeuge Deptolla wird bekunden, daß er sich vorne oder vor
dem unangemeldeten Aufzug befunden hat und von dem erwähnten
Polizeibeamten mit Worten wie "Herr Deptolla, Herr Deptolla, was machen
Sie hier für einen Scheiß!" angesprochen worden ist und der erwähnte
Polizeibeamte ihn zugleich zu ergreifen versucht hat. Der Zeuge Deptolla
wird weiterhin bekunden, daß er gesagt hat: "Ich mache hier gar nichts",
die Hände hochgehoben hat und vor dem Polizeibeamten zurückgewichen ist,
weil dieser auf ihn einen höchst erregten und aggressiven Eindruck
gemacht hat. Weiterhin wird Herr Deptolla bekunden, daß daraufhin andere
Personen den Polizeibeamten daran gehindert hben, ihn, den Zeugen
Deptolla, zu ergreifen, und er sodann den weiteren Vorgang nicht mehr
beobachtet hat, weil er seinen Weg fortgesetzt hat.

Hier ist also der Ablauf festzustellen: Ein uniformierter Polizeibeamter
stellt sich einem Demonstrationszug in den Weg und versucht einen
prominenten Teilnehmer des nämlichen Demonstrationszuges zu ergreifen;
jemanden, der so prominent ist, daß er ihn mit seinem Namen ansprechen
kann. Für die Demonstranten ist kein Grund erkennbar, warum Herr
Deptolla ergriffen werden soll. Das grundlose Ergreifen eines
Demonstrationsteilnehmers aber ist rechswidrig. Denn auch wenn eine
Versammlung nicht gemäß den Bestimmungen des § 14 VersG angemeldet ist,
steht sie trotzdem unter besonderem grundgesetzlichen Schutz und darf
nicht einfach so angehalten oder behindert oder aufgelöst werden; außer
der Tatsache einer nicht erfolgten Anmeldung muß für eine Auflösung oder
sonst ein beschränkendes Eingreifen gegen die Demonstration zumindest
eine weitere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hinzutreten. Dies
aber war zu dem Zeitpunkt nicht der Fall, wie sich aus Gegners Vortrag
selbst ergibt. Der Einsatzleiter hat also -- ob nun in Unkenntnis der
rechtlichen Grundlagen oder vorsätzlich gegen diese verstoßend -- selbst
eine Eskalation der Situation herbeigeführt, indem er mit rechtswidrigen
Handlungen begonnen hat.

Tatsächlich ging am 1. Mai auch an anderer Stelle dieses
Demonstrationszuges die Gewalt von Polizeibeamten aus. Mir wurden zwei
Fälle von Personen referiert, die grundlos mit Polizeischlagstöcken
geschlagen und dabei nicht unerheblich verletzt worden sind. Es wird zu
späterem Zeitpunkt die Strafanzeige der Betroffenen nachgereicht.

Falsch ist die Behauptung, daß es seitens der Teilnehmer der
Demonstration Angriffe auf Teilnehmer einer DGB-Kundgebung gegeben habe.

Richtig ist, daß die Demonstration von offenbar kurdischen Teilnehmern
der DGB-Demonstration angegriffen worden ist; diese offenbar kurdischen
Teilnehmer der DGB-Kundgebung rangelten sich auch mit der Polizei.

Zum Beweis hierfür werden als

Anlagen 2 bis 4

für Gericht und Gegner

Ausdrucke dreier Digitalphotos beigefügt, die eine erhellende Szene
zeigen, nämlich, wie vornehmlich offenbar südländische Teilnehmer der
DGB-Demonstration sich mit Polizeibeamten rangeln, während im
Hintergrund die Teilnehmer des rechten Aufzuges teilweise
desinteressisert weitergehen, teilweise tatenlos dem Gerangel zuschauen.

Seitens der DGB-Demonstrationsteilnehmer werden, wie auf den Photos
erkennbar, dabei auch Latten oder Fahnenstangen mitgeführt; es sieht so
aus, als ob sie als provisorische Waffen Verwendung gefunden hätten. Ein
Teilnehmer der DGB-Demonstration wird erkennbar gerade von der Polizei
festgenommen; es handelt sich um den Mann im weißen T-Shirt, der von
Polizeibeamten teilweise zu Boden gedrückt worden ist und nach dem durch
die Bilder erzeugten Eindruck gerade fixiert wird bzw. fixiert werden soll.

Die Vorlage weiteren Beweismaterials ist erschwert durch den Umstand,
daß die Polizei Dortmund -- pikanterweise Gegner in diesem Verfahren! --
am 1. Mai 2009 gemäß einem Bericht der Ruhr-Nachrichten bei den
Teilnehmern der unangemeldeten rechten Kundgebung zehn Digitalkameras
und 287 Mobiltelefone sichergestellt hat.

Daher ist eine weitere

Verfahrenslenkende Weisung

zu beantragen: Gegner ist gerichtlich aufzufordern, die auf den
Digitalkameras befindlichen Aufnahmen dem Gericht zu übermitteln;
klägerseitig wird Hergabe von Kopien durch das Gericht erbeten. Gleiches
gilt auch für Aufnahmen, die mit den 287 Mobiltelefonen gemacht worden
sind, weil heutzutage die allermeisten Mobiltelefone zugleich als
Kameras zumindest für Standbilder (teilweise auch für mehrminütige
Video-Sequenzen) fungieren können.

Im übrigen wird -- ein wenig abroad, aber notwendigerweise -- zu dem
Vorgang 1. Mai noch folgendes vorgetragen:

Die Sicherstellung dieser beinahe 300 Handys erfolgte offenbar zu dem
Zweck, über die Verbindungsdaten Belege dafür zu bekommen, ob es sich
tatsächlich um eine spontane Demonstration gehandelt hat oder aber ob
diese vorher verabredet war und es sich mithin allenfalls um eine
"unechte Spontanversammlung" (auch als Blitzkundgebung bezeichnet)
gehandelt hat, die -- wenngleich mit kürzerer Vorlaufzeit als in § 14
VersG vorgesehen -- anmeldefähig und mithin auch anmeldepflichtig gewesen
wäre.

Es ist interessant, diese Form des polizeilichen Vorgehens zu analysieren.

Wer eine unangemeldete Versammlung leitet, macht sich strafbar und kann
mit Geldbuße oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr belegt werden. Damit
ist es eine Straftat, die sich ausweislich des niedrigen Strafrahmens im
deutlich unteren Bereich bewegt. Es erscheint wenig angemessen, knapp
300 Handys zu beschlagnahmen, um Beweise für eine solche Straftat zu
erlangen, bzw. Beweis dafür zu erlangen, daß eine solche Tat überhaupt
vorlag. (Was dann noch nicht heißt, daß man auch einen tatsächlichen
Versammlungsleiter identifizieren kann. Früher in diesem Schriftsatz ist
schon vorgetragen worden, daß Herr Giemsch es nicht gewesen sein kann,
weil er kurz nach Beginn der Versammlung diese verließ, um nach hause zu
gehen.)

Wenn hier aber mit unangemessenen Mitteln vorgegangen worden ist, ist
dies ein Beleg für die mangelnde behördliche Neutralität der Polizei
Dortmund, sprich der Gegnerin im hier anhängig gemachten Verfahren.

3.8. Zum 1. Mai 2008 in Hamburg:

Gegner irrt, wenn er seinen Abschnitt III.9 auf Seite 10 der
streitgegenständlichen Verfügung mit den Worten beginnt: "Bei der durch
Sie durchgeführten Versammlung...." Ich war nämlich am 1. Mai 2008 in
Hamburg weder Anmelder noch Veranstalter noch Leiter einer Versammlung.
Dies war Frau Inge Nottelmann, der dabei durch Herrn Tobias Thiessen,
ihren Lebensgefährten, assistiert worden ist. Ich war an Planung und
Durchführung der Veranstaltung nicht beteiligt, wenn man davon absieht,
daß ich ihr beigewohnt habe.

Da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens bei Gegner, und Gegner belegt
damit, schlampige Arbeit geleistet zu haben.

Soweit Gegner auf einen Beschluß des Niedersächsischen OVG vom 27.4.2009
-- 11 ME 225/09, 10 B 1485/09 -- abstellt, verkennt er, daß dieser
Beschluß im summarischen Verfahren gefaßt worden ist. Weiterhin verkennt
Gegner (beziehungsweise weiß nicht, was man ihm insofern zugute halten
müßte), daß sowohl das Verwaltungsgericht Hannover als auch das
Niedersächsische OVG ihrer Amtsermittlungspflicht nicht Genüge getan haben.

Hierzu wird

Beweisantrag gestellt wie folgt:

Beweismittel: Zeugnis der Rechtsanwältin Gisa Pahl, ladungsfähige
Anschrift: (---- Hier folgt im Original die ladungsfähige Anschrift----)

Beweisthema: Die Zeugin, die zugelassene Anwältin ist und in dem
Eilverfahren bezüglich der Veranstaltung am 1. Mai 2009 den Kläger
Dennis Bührig vertreten hat, wird bekunden, daß sie sowohl vor dem
Verwaltungsgericht Hannover als auch vor dem Oberverwaltungsgericht des
Landes Niedersachsen mehrere Beweisanträge gestellt und
verfahrenslenkende Weisungen beantragt hat, deren Thema auf eine
Aufklärung der tatsächlichen Ereignisse am 1. Mai 2008 in Hamburg
gezielt haben, und daß diesen von den beiden genannten Gerichten nicht
stattgegeben worden ist.

Weiterhin stelle ich Antrag auf

Verfahrenslenkende Weisung,

Gegner habe im Wege der Amtshilfe die Akten der Polizei Hamburg über den
1. Mai 2008 und das dortige demonstrative Geschehen zu beschaffen und
dem Gericht vorzulegen.

Klägerseitig wird vorsorglich schon einmal Akteneinsicht beantragt; des
mutmaßlich großen Umfanges der Akten wegen dürfte es im Eilverfahren
nicht angezeigt sein, Kopie derselben zu erbitten, da das die
Arbeitskapazitäten des Gerichts möglicherweise überfordern könnte. Die
Akteneinsicht durch den Kläger jedoch bedeutet keine Arbeitsbelastung
des Gerichts.

Auf Seite 11 der streitgegenständlichen Verfügung wird aus dem
Jahresbericht des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder
zitiert, dortselbst Seite 14.

Festzuhalten ist zunächst einmal der Umstand, daß am 1. Mai 2008 in
Hamburg offenkundig die Gewalt zunächst einmal von linksextremistischer
Seite ausgegangen ist. Es wird berichtet, daß gegen diese
Linksextremisten unmittelbarer Zwang -- inklusive Einsatz von
Wasserwerfern -- angewandt werden mußte. Es wird hingegen nichts davon
berichtet, daß gegen die Teilnehmer des rechtsradikalen Aufzuges
unmittelbarer Zwang angewandt werden mußte, geschweige denn durch den
Einsatz von Wasserwerfern.

Schon dieses interessante Detail relativiert die allgemein gehaltenen
Aussagen über das angeblich hohe Aggressionspotential etc. ganz
gewaltig. Wenn dieses Aggressionspotential nicht allein Potential war,
sondern sich in rechtswidrigen Handlungen manifestiert hätte, wäre die
Polizei dagegen -- ihrem gesetzlichen Auftrag folgend! -- zweifellos
eingeschritten, und zwar auch unter Anwendung unmittelbaren Zwanges,
nötigenfalls unter Einsatz von Wasserwerfern. Dies aber ist offenbar
nicht geschehen. Denn wenn es geschehen wäre, hätte der Bericht des
Inspekteurs der Landespolizeien dies ebenfalls festgehalten; es wird
davon ausgegangen, daß der Inspekteur sich im Zuge behördlicher
Neutralität dazu verpflichtet gefühlt hätte. Wenn es aber insofern
keinen unmittelbaren Zwang oder geschweige denn Wasserwerfereinsatz
gegen Teilnehmer des rechtsradikalen Aufzuges gegeben hat, dann waren
diese offenbar nicht gewalttätig.

Unmaßgeblich ist, daß es am 1. Mai 2008 in Hamburg zu 59 Festnahmen und
227 Ingewahrsamnahmen gekommen ist.

Denn diese 59 festgenommenen Personen gehörten ausschließlich dem
linksextremistischen Spektrum an; hiesiger Kenntnis nach wurde kein
einziger Teilnehmer des rechtsradikalen Aufzuges festgenommen.

Gleichermaßen verhält es sich mit den 227 in Gewahrsam genommenen
Personen. Dies waren allesamt Linksextremisten, und zwar vornehmlich
Personen, die an Maßnahmen bürgerlichen Ungehorsams teilgenommen hatten
(also Sitzblockaden o.ä. durchgeführt hatten) beziehungsweise
Platzverweisen nicht gefolgt waren. Hiesiger Kenntnis nach wurde kein
einziger Teilnehmer des rechtsradikalen Aufzuges in Gewahrsam genommen.

Hierüber ist Beweis zu erheben; daher wird

Beweisantrag gestellt wie folgt:

Beweismittel: Zeugnis eines instruierten Beamten des Polizeipräsidium
Hamburgs, zu laden über das PP Hamburg, Bruno-George-Platz 1, Hamburg.

Beweisthema: Der Zeuge wird bekunden, daß am 1. Mai 2008 in Hamburg
ausschließlich gewalttätige bzw. gewaltbereite (oder ggfs. bürgerlich
ungehorsame) Personen des linksextremistischen Spektrums (nämlich 59)
festgenommen bzw. (nämlich 227) in Gewahrsam genommen wurden, jedoch
kein einziger Teilnehmer des von Frau Inge Nottelmann angemeldeten und
geleiteten Aufzuges.

Abgesehen davon ist bemerkenswert, daß nach polizeilicher Bewertung --
auch wenn Gegner auf Seite 11 hierfür keine Quelle angibt und nach dem
Drucksatz es sich dabei nicht mehr um ein Zitat aus dem Jahresbericht
des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien handelt -- am 1. Mai 2008 die
Teilnehmer Anweisungen bzw. Ansagen (gemeint sind wohl:
Lautsprecherdurchsagen) der Versammlungsleitung unverzüglich befolgt haben.

Sofern also bezüglich dieser Demonstration vom 1. Mai 2008 überhaupt
irgendwelche Vorwürfe zu erheben sind -- was mit Nichtwisen bestritten
wird - , treffen diese in erster Linie die Versammlungsleitung, die es
offenbar versäumt hat, ihre Teilnehmer zu dem polizeilich erwünschten
Verhalten aufzufordern. Denn wie man den Ausführungen des Gegners
entnehmen kann, wären die Teilnehmer solchen Aufforderungen gefolgt.

3.8.: Zu den Herren Giemsch, Suhrmann und Deptolla:

3.8.1.: Zu Herrn Giemsch

Zu Herrn Giemsch ist bereits ausführlich vorgetragen worden; wegen des
Umfanges des Schriftsatzes wird vorsorglich noch einmal daran erinnert,
daß Herr Giemsch als Versammlungsleiter der letztjährigen
Antikriegstags-Demonstration in Dortmund auf Wunsch der Polizei
veranlaßt hat, daß ein in der Menge "untergetauchter" Teilnehmer sich
von sich aus der Polizei zur Verfügung gestellt hat bzw. daß Herr
Giemsch der Polizei diesen mit dessen eigenem Einverständnis zugeführt
hat, um eine mögliche Eskalation der Situation zu verhindern. Herr
Giemsch hat damit, wie bereits ausgeführt, umsichtiges Verhalten
bewiesenund hat sich als Versammlungsleiter der Polizei gegenüber sogar
überobligatorisch kooperativ verhalten.

Weiterhin ist anzumerken, daß am 6. Juni 2009 in Dortmund gegenüber des
Hauptbahnhofs eine stationäre Kundgebung zur Vorbereitung der
Antikriegstags-Demonstration stattgefunden hat. Diese war angemeldet und
wurde geleitet von Herrn Giemsch. Sie hatte 60 Teilnehmer und verlief
völlig störungsfrei. Obwohl der Termin nach dem 1. Mai 2009 und den
angeblichen Ausschreitungen von Rechtsextremisten zum Nachteil von
Teilnehmern der DGB-Kundgebung und der Polizei lag, sah Gegner offenbar
keine Veranlassung, diese von Herrn Giemsch angemeldete Demonstration zu
verbieten.

Zum Beweis dieser Tatsache wird die sogenannte Anmeldebestätigung
vorgelegt, wofür ein Fristnachlaß von vierzehn Tagen erbeten wird, da
diese erst angefordert werden muß.

Falsch ist die Behauptung, Herr Giemsch sei Betreiber zweier Netzseiten,
und zwar www.nw-dortmund.net und www.infoportal-dortmund.net. Richtig
ist folgendes: Die erstgenannte dieser beiden Seiten existiert nicht
mehr; die zweite existiert durchaus noch. Aber auch von der nicht mehr
existenten ersten Seite war Herr Giemsch nicht der Betreiber. Diese
Seite wurde lediglich einmal auf einem Flugblatt genannt, für das er als
Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes gezeichnet hat. Dies macht
ihn jedoch nicht zum Betreiber.

Unmaßgeblich ist, daß Herr Giemsch einen Versandhandel betreibt, über
den u.a. Schleudern/Zwillen, Pfefferspray oder Sturmhauben verkauft bzw.
vertrieben werden. Vertrieb und Besitz dieser Gegenstände sind nicht
strafbar. Strafbar ist lediglich, sie bei Demonstrationen mitzuführen.
Es sind keine Umstände vorgetragen worden, die belegen, daß Herr Giemsch
diese Gegenstände vertreibt, damit sie auf Demonstrationen mitgeführt
werden, oder daß jemals irgendwer einen solchen bei Herrn Giemsch
erworbenen Gegenstand auf einer Demonstration mitgeführt hat.

Ebenso ist unmaßgeblich, daß Herr Giemsch -- und auch die Herren Suhrmann
und Deptolla -- für eine Vielzahl von Anmeldungen und Durchführungen
öffentlicher Demonstrationen verantwortlich sind, die unter starker
Beteiligung sogenannter Autonomer Nationalisten stattgefunden haben. Die
letzte davon wurde hier bereits erwähnt -- am 6. Juni 2009 in der
Dortmunder Innenstadt. Diese verlief offenbar völlig friedlich.... Es
ist fragwürdig, warum man Herrn Giemsch die Durchführung bzw. Leitung
einer friedlich verlaufenen Demonstration bzw. stationären Kundgebung
unter freiem Himmel vorwerfen will...

Ebenso kann Herrn Giemsch nicht vorgeworfen werden, wenn er abstreitet,
daß es am 1. Mai 2009 in Dortmund Gewalt und Aggression seitens der
Teilnehmer einer nicht angemeldeten rechtsradikalen Kundgebung bzw.
Demonstration gegeben habe. Herr Giemsch glaubt den Berichten von
Teilnehmern offenbar mehr als den Meldungen in den Medien. Auch hat Herr
Giemsch die Photos gesehen, die ich als Anlagen 2 bis 4 der Klage
beigefügt habe, und die erwecken den gegenteiligen Eindruck zu den
Behauptungen in den Medien.

Soweit Herr Giemsch am 13. Juni 2009 in Arnstadt eine Rede gehalten hat,
stelle ich mir zunächst einmal die Frage, wie die Polizei Dortmund denn
überhaupt in den Besitz einer Aufzeichnung dieser Rede kommt. Meines
Wissens ist sie nicht vom Fernsehen oder Rundfunk übertragen worden und
stand auch nicht abgedruckt in den Zeitungen. Es drängt sich mir der
Verdacht auf, daß der Mitschnitt der Rede von der Polizei in Arnstadt
gefertigt worden ist. Wenn dem so war, dann stellt sich mir weiterhin
die Frage, wie das mit der Maßgabe des sogenannten Brokdorff-Beschlusses
des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen ist, daß die
exzessive Observation einer öffentlichen Kundgebung oder Demonstration
dem Sinn und Grundgedanken des Artikel 8 Grundgesetz zuwiderläuft.

Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, was an dieser Rede -- ausgenommen
der Aufruf zur Teilnahme am 5. September 2009 in Dortmund -- überhaupt
mit der streitgegenständlichen Versammlung zu tun hat. Möglicherweise
dient der Abdruck des Redeauszuges seitens des Gegners rein
propagandistischen Zwecken. Nun, wenn der Gegner in einem amtlichen
Dokument propagandistischen Vortrag wünscht, dann kann ich darauf auf
der gleichen Ebene erwidern. Es ist dem Gegner möglicherweise nicht
bewußt, daß der Begriff "nationaler Sozialismus" maßgeblich von Walter
Rathenau geprägt worden ist. Herr Rathenau war erfolgreicher
Industrieller und außerdem jüdischer Abstammung. Er wurde ein Opfer
ultranationalistisch motivierter Gewalt, denn er wurde auf offener
Straße von zwei Angehörigen eines sogenannten Freikorps ermordet.

3.8.2.: Zu Herrn Suhrmann:

Herr Dietrich Suhrmann ist mir seit einigen Jahren als verläßlicher
Teilnehmer, Ordner oder Mitorganisator von Veranstaltungen (namentlich
öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel) bekannt. Ich entnehme
der streitgegenständlichen Verfügung nichts, was gegen Herrn Suhrmann
spricht, insbesondere nicht, was gegen seine Verläßlichkeit als Ordner
oder Mitorganisator bzw. stellvertretender Leiter einer Versammlung
spricht. Aus diesem Grunde ist Herr Suhrmann von mir weiterhin als
"stellvertretender Versammlungsleiter" vorgesehen, unabhängig davon, daß
es diese Rechtsfigur im Versammlungsgesetz gar nicht gibt. Richtiger
wäre gesagt, daß er mir bei der Leitung assistieren wird, wie übrigens
auch andere. (Abgesehen von den Ordnern beispielsweise der erwähnte
Doppelposten Mikrophon, dessen ausdrückliche Aufgabe es sein wird, zu
unterbinden, daß irgendwelche unbefugten Personen -- wie beispielsweise
Herr Wulff -- sich in den Besitz des Mikrophons setzen, um damit von mir
nicht legitimierte Ansagen zu machen.)

3.8.3.: Zu Herrn Deptolla

Herr Deptolla war Teilnehmer an dem sogenannten Kooperationsgespräch,
weil er Augenzeuge der Vorgänge vom 1. Mai 2009 in Dortmund war und weil
Herr Giemsch und ich damit gerechnet haben, daß die Polizei diese
Ereignisse möglicherweise en detail ansprechen würde. Dies ist aber bei
dem sogenannten Kooperationsgespräch nicht geschehen. Auch meine
diesbezüglichen Fragen -- hierauf wird später noch zurückzukommen sein --
wurden nicht beantwortet.

4. Die Leitung

4.1: "der fadenscheinige Versuch":

Auf Seite 17 wird Gegner -- vertreten durch den Leiter der Behörde --
persönlich, wenn er unterstellt, der Wechsel des Versammlungsleiters sei
lediglich ein "fadenscheiniger Versuch", nach den Ereignissen des 1. Mai
2009 den mit einem Ermittlungsverfahren belasteten Herrn Giemsch aus dem
Blick dcer Versammlungsbehörde zu nehmen.

Ich sehe dies als einen persönlichen Anwurf, den ich mir hier gegenüber
Gericht und Gegner ausdrücklich verbitte.

Es ist unter Punkt 1.1. ausführlich dargelegt und wird alsbald auch
durch Unterlagen dokumentiert, warum Herr Giemsch nicht mit der nötigen
Verläßlichkeit am Veranstaltungstag verfügbar sein wird. Dies weiß auch
Gegner. Gegner polemisiert mit der inkriminierten Bemerkung daher; das
ist ein weiterer Beleg für die mangelnde behördliche Neutralität Gegners.

4.2. Die Zuverlässigkeit des Leiters

Tatsächlich sieht Gegner offenbar seine Verbotsverfügung gewaltig ins
Schwimmen geraten, wie man volkstümlich sagen könnte, weil ich in
leitender Funktion involviert bin.

Gegner hat eingangs seiner Verfügung -- Seite 5 oben -- den Beschluß des
Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 2000 (1 BvR 1245/00; NJW 2000,
3051) zitiert, demzufolge "der Versammlungsleiter und Veranstalter über
die erforderliche Bereitschaft und Fähigkeit zur Sicherstellung der
Ordnung in der Versammlung verfügen müssen".

Hierüber verfüge ich nachweislich.

Zwar könnte ich als gerichtsbekannt voraussetzen, was nun folgt, aber
der Vollständigkeit halber wird vorgetragen:

Namentlich seit August 2000 war ich in einer Vielzahl von Fällen Leiter
von öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel mit Aufzug
(Demonstrationen). Ohne hierüber eine Statistik geführt zu haben, waren
es in diesem Zeitraum von nunmehr fast exakt neun Jahren im
Jahresdurchschnitt wohl mehr als zehn, die ich selbst geleitet habe,
unter dem Strich also bei hundert. In einer ähnlich großen Zahl von
Demonstrationen war ich zwar nicht Leiter, aber als Assistent des
jeweiligen Leiters in die Leitung mit involviert. Etliche von diesen
Demonstrationen hatten eine größere Dimension mit Teilnehmerzahlen von
erkennbar über 1.000. Viele von diesen Demonstrationen verlieren für die
Teilnehmer auch insofern stressig und potentiell konfliktbehaftet, als
sie von militanten Gegendemonstranten angegriffen wurden, indem diese
Steine, Flaschen oder sonstige Gegenstände auf die Teilnehmer meiner
Demonstrationen geworfen haben. Es ist bei keiner dieser Gelegenheiten
zu Ausschreitungen seitens der Teilnehmer meiner Demonstrationen
gekommen. Mehrfach waren an diesen Demonstrationen auch größere Gruppen
Autonomer Nationalisten beteiligt, wie beispielsweise im Jahre 2004 am
1. Mai in Leipzig. Unter den insgesamt knapp über tausend Demonstranten
(meiner Erinnerung nach im Bereich von etwa 1.050 Personen) waren rund
gerechnet 300 Autonome Nationalisten. Diese Zahl ist mir recht gut
erinnerlich, weil mich im Vorfeld ein prominenter Vertreter der
Autonomen Nationalisten angesprochen hatte, ob es möglich sei, für ihre
eigenen Leute auch Ordner aus ihren eigenen Reihen zu stellen, da sie
nicht gern mit Ordnern der NPD oder traditionalistisch eingestellter
Gruppen von Teilnehmern zu tun hatten. Ich sagte ihm dies zu, lediglich
mit dem Vorbehalt, daß er mir dann Ordner nennen möge, die sich
erfolgreich einer behördlichen Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen
könnten, und daß der allgemeine Ordnerproporz eins auf fünfzig sei, also
ein Ordner auf je fünfzig Teilnehmer. Eine überschlägige Schätzung
dieser Gruppe von Autonomen Nationalisten ergab, daß sie bei 300
Personen stark war, so daß sie sechs Ordner stellten. Ebenso waren in
vergleichbarer Zahlenstärke Autonome Nationalisten bei einer
Demonstration von mir am 1. Mai 2005 in Leipzig beteiligt, die insgesamt
nach meiner Erinnerung ungefähr 1.100 Teilnehmer hatte. Bei dieser
Demonstration kam es zu so massiven Übergriffen linksextremistischer
Gewalttäter, daß die Polizei letztlich den polizeilichen Notstand
verkündete und der Demonstration bzw. mir als ihrem Leiter nach ungefähr
der Hälfte der angemeldeten Wegstrecke die vollziehbare Auflage
erteilte, nunmehr den angemeldeten und bestätigten Weg nicht weiter
fortzusetzen, sondern zum Ausgangsort zurückzukehren. Obwohl dies
verständlicherweise den Unmut der Teilnehmer hervorrief, blieben
sämtliche Teilnehmer, einschließlich der Autonomen Nationalisten, völlig
friedlich; es kam zu keinem einzigen Rechtsverstoß durch auch nur einen
Teilnehmer meiner über tausendköpfigen Versammlung.

Dies korrespondiert mit dem eigenen Vortrag des Gegners. Denn, siehe
Punkt III.9 auf Seite 11 der streitgegenständlichen Verfügung, es wird
durch Gegner selbst vorgetragen, daß am 1. Mai 2008 die Teilnehmer der
rechtsradikalen Kundgebung Anweisungen bzw. Ansagen der
Versammlungsleitung unverzüglich befolgt haben. Mithin muß zwingend
davon ausgegangen werden, daß diese -- einschließlich der Autonomen
Nationalisten -- dies auch auf der von mir zu leitenden Versammlung am 5.
September 2009 in Dortmund tun werden. Damit ist evident, daß ich sowohl
die Bereitschaft als auch die persönliche Fähigkeit habe, für den
friedlichen Verlauf von Demonstrationen selbst dann zu sorgen, wenn die
äußeren Umstände -- Übergriffe durch gegnerische Demonstranten --
ungünstig sind.

5. Zur Teilnehmerzahl:

Richtig ist, daß 1.000 Teilnehmer angemeldet sind. Weiterhin entspricht
es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß
grundsätzlich von den Angaben in der Anmeldung auszugehen ist, sofern
nicht Umstände im Sinne von Fakten, Beweisen pp. anderes belegen.

Es gibt keine Umstände, die belegen, daß mit mehr als 1.000 Teilnehmern
zu rechnen ist.

Daß im vergangenen Jahr meiner Zählung nach 1.340 Personen an der
Demonstration teilgenommen haben, ist hauptsächlich auch dem Umstand
geschuldet gewesen, daß als Redner Herr Herbert Schweiger, Österreich,
aufgetreten ist (und vorher öffentlich angekündigt war), der als
Geopolitiker in radikal rechten Kreisen einen herausragenden Ruf hat.
Ebenso bringen jüngere Rechtsradikale Angehörigen der Kriegsgeneration
ein besonderes Maß an Ehrerbietung entgegen, sofern diese noch
persönlich im Zweiten Weltkrieg im Kriegseinsatz gewesen sind. Dies
trifft auf Herrn Schweiger zu, der Kriegsfreiwilliger der Waffen-SS mit
letztem Dienstgrad Untersturmführer war.

Ein vergleichbar prominenter Redner steht für dieses Jahr nicht zur
Verfügung.

Hinderlich für das Erreichen einer höheren Zahl an Teilnehmern ist auch
die streitgegenständliche Verfügung. Es wird klägerseitig davon
ausgegangen, daß das hier eingeleitete Verfahren auch im summarischen
Verfahren bis zum Bundesverfassungsgericht geführt werden muß. Denn das
Oberverwaltungsgericht des Landes Niedersachsen (---hier Schreibfehler
im Original; gemeint ist das OVG des Landes Nordrhein-Westfalen...)
nimmt gegenüber Demonstrationen wie der streitgegenständlichen eine
prinzipiell negative Haltung ein; dies ergibt sich aus dem mehrere Jahre
andauernden sogenannten "Richterstreit" zwischen dem OVG in Münster und
dem Höchstgericht in Karlsruhe. Nach ihrem Unterliegen vor dem hier
angerufenen Gericht muß also damit gerechnet werden, daß Gegner das OVG
in Münster anruft und mit seiner Beschwerde wahrscheinlich erfolgreich
sein wird, woraufhin klägerseitig bzw. verfügungsklägerseitig Eilantrag
gem. § 32 BVerfGG nach Karlsruhe zu stellen sein wird. Letztliche
Rechtssicherheit über die Durchführung der Versammlung wird es daher
aller Voraussicht bzw. bisherigen Erfahrungen nach erst ein bis
bestenfalls zwei oder drei Tage vor dem Ereigniseintritt geben. Zwar ist
ein Teil der mutmaßlichen Demonstrationsteilnehmer mobil genug, sich
auch hierauf einzustellen, aber eben nur ein Teil.

Dieses retardierende Moment macht unwahrscheinlich, daß die Zahl über
1.000 hinausgeht; es läßt eher befürchten, daß sie unter 1.000 sein könnte.

Daran ändert auch die sogenannte Singularität als Großveranstaltung der
rechten Szene in Nordrhein-Westfalen nichts.

Daran ändert ebensowenig etwas der Umstand, daß es eine umfangreiche
internationale Rednerliste mit angekündigten Rednern aus Belgien,
Bulgarien, Frankreich, Holland, Österreich, Rußland, Schweden,
Tschechien und Deutschland gibt und auch ein nicht-europäischer Redner
vorgesehen ist.

Noch viel weniger ändert daran der Umstand, daß starker öffentlicher
Widerstand in Dortmund angekündigt ist. Erstens ist das in Dortmund --
oder nahezu überall, wo radikal rechte Demonstrationen stattfinden --
gang und gäbe; es hat mithin für das demonstrationswillige Publikum
absolut keinen Neuigkeitswert. Und zweitens gibt es auch etliche
potentielle Demonstranten, die sich von der Möglichkeit, daß es "starken
öffentlichen Widerstand" geben wird, eher abgestoßen fühlen und solche
Demonstrationen lieber meiden. Denn es entspricht der bedauerlichen
Lebenserfahrung, daß zumindest Teile dieses "starken öffentlichen
Widerstandes" sich nicht mit gewaltfreiem und rechtstreuem Widerstand
begnügen, sondern beispielsweise -- wie am 1. Mai 2007 in Dortmund --
Bahnstrecken in Brand setzen, Steine auf Polizeibeamte und Demonstranten
werfen und so weiter und so fort.

6. Der starke öffentliche Widerstand:

Es muß die Frage aufgeworfen werden, ob die hier streitgegenständliche
Verfügung wirklich aus rechtlichen Erwägungen heraus ergangen ist oder
lediglich aus politischen Gründen; letzteres wäre ein weiterer Beleg für
die mangelnde behördliche Neutralität des Gegners.

Erwähnenswert ist der Umstand, daß mit Stand vom 3. Juli nach Bericht
der Dortmunder Zeitung vom gleichen Tage 14.406 Unterschriften dem
Polizeipräsidenten übergeben worden sind, die ein Verbot der
streitgegenständlichen Demonstration fordern.

Hierzu wird als

Anlage 5
Für Gericht und Gegner

Auszug aus der Dortmunder Zeitung vom 3. Juli 2009 überreicht.

Possierlich ist dabei, daß Gegners Leiter die Unterschriften nicht vor
den Kameras der Journalisten entgegennehmen wollte, um nicht den
Eindruck zu vermitteln, daß er sich dem Druck einer Mehrheit beuge. (Was
übrigens darauf hindeutet, daß Herr Schulz schon am 3. Juli entschlossen
war, die Demonstration zu verbieten. Wie sonst ist die Bemerkung "sich
nicht dem Druck einer Mehrheit beugen" zu verstehen?) Er hat dann die
Unterschriften unter Ausschluß der Öffentlichkeit persönlich
entgegengenommen. Ich frage mich, was das für einen Unterschied macht?!
Denn daß er sie persönlich entgegengenommen hat, konnte der
Öffentlichkeit ja schwerlich verborgen bleiben; tatsächlich ist sie
hierüber durch die Dortmunder Zeitung und andere Medien sehr wohl
unterrichtet worden. Die Bekundungen, mit denen Herr Schulz in der
genannten Zeitung zitiert werden, sind damit reine Augenwischerei. Oder,
um in seinem Sprachgebrauch zu bleiben: Ein fadenscheiniger Versuch!

7. Weitere Fadenscheinigkeiten:

Auf Seite 18 unten zitiert Gegner sinngemäß den Beschluß des
Niedersächsischen OVG vom 27. April 2009. Dabei bietet Gegner uns noch
ein wenig mehr von dem, was unter Übernahme seines Sprachgebrauchs wohl
als Fadenscheinigkeit bezeichnet werden darf.

Gegner verschweigt, daß ein maßgeblicher Verbotsgrund der Polizei
Hannover und damit auch ein maßgeblicher Grund der Fachgerichte, das
Verbot nicht außer Vollzug zu setzen, in der Person des Anmelders und
ursprünglich vorgesehenen Leiters gelegen hat. Über Herrn Dennis Bührig,
Celle, gab es ungefähr dreieinhalb Seiten "polizeiliche Erkenntnisse".
Ich habe diese gelesen, muß aber um Nachsicht bitten, daß ich sie zur
Zeit dem Gericht (und Gegner) noch nicht als Anlage übermitteln kann;
wie aus meiner Anschrift erkennbar, bin ich zwischenzeitlich von Hamburg
nach Parchim verzogen. Ich wohne hier möbiliert, so daß ich meinen
Hausrat in Hamburg eingelagert habe. Das betrifft auch meine Akten, bei
denen sich das genannte Dokument befindet. Es wird daher aus dem
Gedächtnis referiert: Zwar gibt es "vergleichsweise" wenig
Verurteilungen des Herrn Bührig, aber er ist über einen längeren
Zeitraum hinweg durchschnittlich einmal jährlich als Teilnehmer an einer
Schlägerei polizeilich aufgefallen. Recht regelmäßig konnte er deshalb
nicht angeklagt bzw. verurteilt werden, wohl weil ihm eine individuelle
Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden konnte. Ungeachtet dessen läßt
ein solche Vorlauf schon gewisse Schlüsse darauf zu, daß Herr Bührig
kein Mensch ist, der Konflikten ausweicht oder diese mit friedlichen
Mitteln beizulegen versucht. Daß jemand ein- oder zweimal als
Beteiligter an einer Schlägerei auffällt, kann unter ungünstigen
Umständen schon mal passieren. Passiert dies jedoch mit solcher
Häufigkeit wie im Falle Bührig, läßt sich darauf die Gefahrenprognose
stützen, daß Herr Bührig zumindest als Leiter einer größeren
Demonstration nicht die nötige Zuverlässigkeit hat, sprich nicht fähig
oder nicht willens ist, im Sinne des Beschlusses des
Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 2000 (1 BvR 1245/00, NJW 2000,
3051) die Ordnung in der Versammlung (und damit auch die Friedlichkeit
der Versammlung) sicherzustellen.

Daran hat auch der mehrmalige Austausch des vorgesehenen
Versammlungsleiters nichts geändert. Zum einen gab es für den Austausch
von Herrn Bührig keine annähernd ähnlich nachvollziehbaren Gründe wie im
Falle des Herrn Giemsch (----hier folgt im Original ein weiterer Hinweis
auf die Natur der persönlichen Verhinderung von Dennis Giemsch----).
Soweit also insofern jemand den Austausch von Herrn Bührig als
"fadenscheinigen Vorwand" bezeichnet hätte, wäre dem -- anders als im
hier vorliegenden Verfahren! -- schwerlich entgegenzutreten gewesen.
Hinzu kommt der Umstand, daß die Personen, die die Veranstaltung am 1.
Mai 2009 in Hannover geplant haben, sodann statt des Herrn Bührig ein
oder zwei andere Versammlungsleiter (Herrn Sven Skoda und einen mir
namentlich nicht bekannten Mann aus Sachsen) benannten, über die es
offenbar auch etliche problematische polizeiliche Erkenntnisse gab.
(Diese sind mir nicht en detail bekannt, ich weiß davon nur
gesprächsweise.) Letztlich wurde als Versammlungsleiter der aus
Buxtehude stammende NPD-Funktionär Adolf Dammann benannt, gegen den es
keine negativen polizeilichen Erkenntnisse gibt und der zudem im
aktionistischen Teil des politisch radikal rechten Lagers seiner
Persönlichkeit und seines langjährigen politischen Einsatzes wegen
großes Ansehen genießt. Dieser mehrfache Wechsel des vorgesehenen
Leiters legte jedoch den Schluß nahe, es dabei lediglich mit einer Art
von "Kosmetik" zu tun zu haben, die rein rechtlichen Problemen
geschuldet war.

Mithin also ist eine analoge Anwendung des genannten Beschlusses des OVG
des Landes Niedersachsen insofern nicht möglich. Gegner weiß dies auch,
wenn er den Beschluß gelesen haben sollte....

8. Polizeilicher Notstand:

Soweit Gegner zumindest andeutungsweise vorträgt, daß ihm als
"Reserveargument" der polizeiliche Notstand -- wegen der Vielzahl
angemeldeter Gegendemonstrationen -- zur Verfügung steht, wird man ihn
damit auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht hören können. Denn
es steht Gegner frei, diejenigen Gegendemonstrationen, von denen bzw.
von deren Teilnehmern er ein unfriedliches Verhalten befürchtet, zu
verbieten oder mit geeigneten Auflagen (wie räumlicher und/oder
zeitlicher Trennung) zu versehen.

9. Erhellendes über Gegner:

Am Montag, dem 6. Juli, fand in den Amtsräumen des Gegners ein
sogenanntes Kooperationsgespräch statt. Wie Gegner richtig festgestellt
hat, haben daran veranstalterseitig die Herren Giemsch, Suhrmann und
Deptolla sowie ich teilgenommen. Gegner war durch meiner Erinnerung nach
sechs Beamte vertreten, von denen meiner Wahrnehmung nach Herr
Polizeidirektor Thieme (Schreibeweise des Namens ist phonetisch) der
ranghöchste war; außerdem war er seitens des Gegners der
Gesprächsführer. Die Namen der anderen fünf Herren habe ich nicht
notiert; sie sind erforderlichenfalls durch Nachfrage bei den Herren
Giemsch, Suhrmann und Deptolla feststellbar, da diesen die anderen
Beamten bekannt waren.

Das Gespräch begann gegen 18.10 Uhr und hatte eine Dauer von knapp eine
halben Stunde.

Einleitend führte Herr Thieme aus, daß dies kein Kooperationsgespräch im
eigentlichen Sinne sei, sondern sein Haus die Absicht habe, die
Versammlung zu untersagen, und daß er die Gründe hierfür kursorisch
vortragen werde und uns danach Gelegenheit geben werde, dazu Stellung zu
nehmen.

Auch wenn Herr Thieme diese Worte nicht benutzt hat, war es damit eine
Anhörung nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Hier entsteht der Eindruck der Vorspiegelung falscher Tatsachen. Denn
wenn ich jemanden zum einem Kooperationsgespräch einlade, kann ich nicht
plötzlich unter Ankündigung eines beabsichtigten Verbots daraus eine
Anhörung nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz machen. Das ist ein höchst
unseriöses Verhalten.

Auch der Ablauf des Gesprächs war seitens des Gegners bzw. dessen
Vertretern unseriös.

Nach den einleitenden Worten des Herrn Polizeidirektor Thieme ließ Herr
Giemsch diesen die Änderung in der Anmeldung wissen, nämlich den
Umstand, daß statt seiner ich die Versammlung zu leiten hätte. Sodann
trug Herr Thieme uns -- kursorisch.... -- die Gründe für das beabsichtigte
Verbot vor. Er nannte dabei die Ereignisse am 1.5.2007 in der
Rheinischen Straße, am 1.5. 2008 in Hamburg, am 6.9. 2008 in Dortmund,
wobei er erwähnte, es habe damals laut Polizeibericht 16 verletzte
Polizeibeamte gegeben, sowie am 1. 5. 2009 in Dortmund.

Hierzu begann ich dann einige Fragen zur Verifizierung zu stellen.

Zunächst einmal wollte ich mit Blick auf die Ereignisse vom 1.5.2007 in
Dortmund, Rheinische Straße, von ihm wissen, ob ihm bekannt sei, ob oder
wenn ja wie viele Strafverfahren deswegen gegen Beteiligte anhängig
seien oder möglicherweise schon zur Anklage gediehen seien oder
möglicherweise schon mit Urteil -- rechtskräftig oder nicht rechtskräftig
-- entschieden seien. Hierzu konnte -- oder wollte! -- Herr Thieme keine
Auskunft geben. Gleiches galt für die Ereignisse am 1. 5. 2008 in
Hamburg sowie am 6.9.2008 in Dortmund. Auf entsprechende Fragen für den
1. 5. 2009 in Dortmund habe ich verzichtet mit dem Bemerken, daß es
möglicherweise zu früh sei, hierüber etwas zu wissen.

Interessant ist jedoch, daß die Polizei Dortmund angeblich nicht einmal
die rechtliche Aufarbeitung der genannten, teilweise mehr als zwei Jahre
zurückliegenden Ereignisse verfolgt hat.

Hierzu wäre sie hiesiger Meinung nach verpflichtet gewesen. Denn die
Entscheidung über ein Verbot i.S.d. § 15 Abs. 1 -- erste Alternative --
VersG ist ausdrücklich eine Ermessensentscheidung, "...die Behörde
kann...", hat der Gesetzgeber formuliert. Eine Ermessensentscheidung
setzt pflichtgemäße Ermessensausübung voraus; diese muß auch für den von
einer ihn belastenden behördlichen Entscheidung Betroffenen
nachvollziehbar (und kontrollierbar) sein. Ergibt sich aus dem Bescheid,
daß Ermessen nicht oder mangelhaft ausgeübt worden ist, macht dies den
Bescheid rechtswidrig. Gegner hat wortreich ausgedrückt, wie furchtbar
gewalttätig oder zumindest gewaltbereit die Autonomen Nationalisten doch
seien. Dann muß Gegner auch imstande sein, die Folgen dieser angeblichen
Gewalttätigkeit zu verifizieren. Die bloße Behauptung, es seien am
6.9.2008 in Dortmund 16 Polizeibeamte verletzt worden, ist dabei wenig
hilfreich; vor allem, weil sie nicht verifiziert, bei welcher
Gelegenheit, also durch Teilnehmer welcher Versammlung, diese
Polizeibeamten denn nun verletzt worden sind, welche Schwere ihre
Verletzung hatte und auf welche Einwirkungen (einfache oder
qualifizierte körperliche Gewalt) diese zurückzuführen waren.

Herr Thieme war also auf eine Verifizierung ersichtlich schlecht
vorbereitet. Oder er hat Angaben verweigern wollen, weil er genau gewußt
hat, daß diese gegen sein Haus verwendet werden können.

So sind beispielsweise Medienberichte bekannt, daß am 1. Mai 2009 in
Dortmund gerade einmal EINE -- in Worten: EINE! -- Person verletzt worden
ist. Natürlich ist auch ein einzelner Verletzter einer zuviel. Das steht
außer Frage. Indes relativiert dies Medienberichte, daß rund 400
angeblich gewaltbereite oder gar gewalttätige Neonazis eine
DGB-Kundgebung angegriffen hätten. Wenn 400 tatsächlich gewalttätige
Personen eine Kundgebung angreifen, dann muß leider zwingend damit
gerechnet werden, daß erheblich mehr als eine Person verletzt wird. Wird
nur eine Person verletzt, ist die Meldung über die Zahl der Angreifer
oder die Qualität ihres Angriffs ersichtlich falsch.

Gegner erweckt also erfolgreich den Eindruck, daß er mit Übertreibungen
operiert. Übertreibungen aber sind keine Umstände i.S.d. § 15 VersG, und
Gegner kann nur mit Umständen gehört werden, also mit Fakten,
Erkenntnissen und Beweisen oder ähnlichem, nicht jedoch mit bloßen
Vermutungen oder der Übernahme von aus politisch motivierten Gründen
dramatisierten Medienberichten.

Subsummierung:

Aus all den genannten Gründen ist die angegriffene Verfügung
rechtswidrig. Dies kann auch im summarischen Verfahren festgestellt werden.

Zum Procedere:

Es wird

beantragt,

mündliche Verhandlung durchzuführen; auf die gestellten Beweisanträge
wird verwiesen.

Bezüglich der Terminierung darf ich darauf verweisen, daß Frau
Rechtsanwältin Gisa Pahl ab nächste Woche bis zum 11. August im Urlaub
ist; wenn das Gericht beschließt, dem Beweisantrag auf Anhörung der
Zeugin Pahl zu folgen, wäre empfehlenswert, die mündliche Verhandlung
erst nach dem 11. August zu terminieren.

Es wird weiterhin

beantragt,

mich bis zum Freitag, dem 7. August, davon zu unterrichten, ob das
Gericht mündliche Verhandlung durchzuführen gedenkt oder nicht; ein
diesbezüglicher formeller Beschluß wird hiermit beantragt.

Ich erlaube mir, höflich auf die Amtsermittlungspflicht des Gerichts zu
verweisen; diese macht hiesiger Auffassung nach eine mündliche
Verhandlung auch im summarischen Verfahren notwendig.

Darüber hinaus erlaube ich mir den Hinweis, daß ich auch im summarischen
Verfahren von der Rechtswegegarantie aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz
gegebenenfalls im vollen Umfang Gebrauch zu machen gedenke, das heißt,
bis nötigenfalls hin zu Verfassungsbeschwerde und Eilantrag gem. § 32
BverfGG an das Bundesverfassungsgericht. Ich bitte höflich, dies beim
Zeitpunkt der Entscheidungsfindung und Entscheidungsübermittlung zu
berücksichtigen.

Als Kläger und Verfügungskläger (Antragsteller):



Christian Worch


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