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Trauer- und Protestmarsch in Stolberg

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 5. April 2009


Trauer- und Protestmarsch in Stolberg
(Kevin-Plum-Marsch)


„Der Zug Richtung Stolberg Hauptbahnhof verspätet sich infolge einer
Signalstörung um voraussichtlich 25 Minuten.“ – Fast genau die gleiche
Angabe – mit ziemlich genau der gleichen Verzögerung... – konnte man ein
Jahr vorher hören. Nur war es damals eine Betriebsstörung und keine
Signalstörung. Egal, Hauptsache, irgendeine Störung...

Es blieb nicht die einzige im Bahnverkehr.

In Eschweiler – eine Station vor Stolberg Hauptbahnhof – kam dann eine
weitere Durchsage: „Dieser Zug fährt nicht bis zur Großdemonstration in
Stolberg weiter.“

Kurz entschlossen stiegen die rund dreihundert mitreisenden Kameradinnen
und Kameraden aus. Ein Ortskundiger erklärte, daß der Hauptbahnhof
Stolberg nur vier bis fünf Kilometer entfernt sei – kein zu weiter Weg,
um ihn zu Fuß zu erreichen. Also wurde losmarschiert. Dies geschah zur
Überraschung und möglicherweise sogar zum Unwillen der Polizei, denn
nach rund einem Kilometer hörte man das vertraute „tatü-tata“, und eine
Menge Leute in grün erschienen. Naja, eine relative Menge; wir waren
einige mehr. Aber die Polizei ist wahrscheinlich eine nur bedingt
demokratische Institutition, weil Mehrheiten sie nicht interessieren,
sofern es nicht ihre eigene Mehrheit ist... Man stoppte uns, und es gab
eine Diskussion über den weiteren Ablauf. Diese endete nach vielleicht
einer guten Viertelstunde damit, daß ein höherer Polizeiführer uns nach
Rücksprache mit seinen Kollegen ehrenwörtlich erklären konnte, daß der
Bahnverkehr nunmehr ungestört sei und die Weiterreise mit dem Zug damit
möglich sei. Ganz im Sinne moderner Aufklärung der Bürger im
Kommunikationszeitalter ließ man uns auch den Grund der bahnmäßigen
Ansage wissen: Der Hauptbahnhof Stolberg sei zeitweilig von
Gegendemonstranten besetzt gewesen; diese Besetzung habe man
zwischenzeitlich aber mit polizeilichen Mitteln beendet.

Soweit, so schön. Der Mann hielt übrigens wirklich Wort, was speziell
DIESEM höheren Polizeiführer wohl nur die wenigsten Kameraden zugetraut
hätten. Vom Zug aus konnten wir am Bahnhof Stolberg dann auch die
Gegendemonstration sehen. Es waren großzügig geschätzt 150 Personen.

Weiter ging es mit einer viel zu kleinen Bimmelbahn zum sogenannten
Mühlenbahnhof, dem Ausgangsort der Demonstration.

Dort dauerte es wegen des üblichen Bürokratismus (Ordnervorstellung und
so weiter) dann noch rund eine Stunde, bis wirklich begonnen werde
konnte. Für die Teilnehmer war die Wartezeit nicht weiter schlimm, weil
der Veranstalter mit Wurst- und Käsebrötchen, Mineralwasser und
Fruchtsaftschorle für das leibliche Wohl gesorgt hatte. Für den Ablauf
der Veranstaltung war es ein wenig lästig, weil diese bis 17.oo Uhr
angemeldet war und die Polizei auf die Einhaltung des Zeitrahmens
bestand, da die Verzögerungen bei der Anreise angeblich uns anzulasten
seien. Ein merkwürdiger Standpunkt, und Veranstalter Ingo Haller aus
Siegen kündigte an, dies gerichtlich anzufechten.

Zum Autfakt sprachen Kamerad Haller, Robert Klug, ein mir namentlich
nicht erinnerlicher junger Kamerad aus Potsdam, der seine erste freie
Rede vor größerem Publikum hielt und dafür seine Sache recht gut gemacht
hat, und meine Wenigkeit. Dann ging es los. Die Wegstrecke war länger
als im letzten Jahr, aber teilweise weniger attraktiv. Auch dies lag an
einem etwas merkwürdigen Verhalten der zuständigen Behörde –
Polizeipräsidium Aachen - , das ohne erkennbaren Rechtsgrund eine fast
ein Jahr vorher zugegangene Anmeldung nicht hatte akzeptieren wollen, um
dem politischen Gegner einen Ausgangsort im attraktiveren Teil der Stadt
zuweisen zu können. Auch dieses wird gemäß Ingo Hallers Ankündigung
gerichtlich angefochten.

Immerhin führte der Marsch zum Tatort, was entscheidend war.

Dieser erste Teil der Strecke wurde als Trauermarsch zurückgelegt, wobei
die Teilnehmer zu loben sind, daß sie sich auch durch einzelne
Provokationen von Linken und lieben ausländischen Mitbürgern nicht in
ihrer Ruhe und Würde stören ließen.

Am Tatort sprachen Sven Skoda und Axel Reitz.

Der zweite Teil der Strecke wurde ausdrücklich als Protestmarsch
zurückgelegt, um im dogmatischen Streit zwischen Trauer- und
Protestmarsch die Vertreter beider Ansichten zufriedenzustellen.

Die Demonstration erwies sich dabei als lautstark und entschlossen.

Am sogenannten Mühlenbahnhof fand dann die Auflösung statt, und wegen
der Menge der Teilnehmer mußte die Bimmelbahn zum Stolberger
Hauptbahnhof zweimal fahren. Nach polizeilichen Angaben waren es 530
Personen, also ein paar Dutzend mehr als bei der letzten Demonstration
im April vergangenen Jahres, wo wir meiner Erinnerung nach knapp unter
500 waren.

Wenn die Medien – teilweise stark voneinander abweichend – zwischen
2.000 und 6.000 Gegendemonstranten berichteten, so war das für mich
einfach nicht nachvollziehbar. Die paar Dutzend Schreihälse, die unseren
Weg säumten, dürften weitgehendst die selben gewesen sein, die wir
vorher am Hauptbahnhof schon kurz erblicken konnten. Ob der angebliche –
und weit größere – Rest irgendwo auf der grünen Wiese bei Freibier ein
„Fest der Demokratie“ oder so was gefeiert hat, entzieht sich meiner
Kenntnis. Freibier interessiert mich an Veranstaltungstagen überhaupt
nicht, weil solche Tage alkoholfrei bleiben. (Nicht nur für mich als
Kraftfahrer, sondern für alle Teilnehmer.) Nur finde ich es
ausgesprochen bedenklich, unwürdig, ja, geradezu beschämend, wenn jemand
meint, am Todestag eines von einem Ausländer erstochenen jungen
Deutschen ein irgendwie geartetes „Fest“ feiern zu müssen. Aber so kennt
man sie halt, die Gutmenschen und die derzeitigen Machthaber in diesem Land.

Insgesamt aber war aus unserer Sicht dieser Tag sehr erfolgreich, und
daß die Demonstration zeitgleich mit dem relativ kurzfristig angesetzten
Bundesparteitag der NPD stattfand und daher höherrangige Parteiprominenz
nicht zugegen war, hat wohl niemanden wirklich gestört.

Hamburg, den 5. April 2009
Christian Worch


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