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Weyhe – gutmenschliches Aufmucken

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 23. September 2006

Weyhe – gutmenschliches Aufmucken

In der Gemeinde Weyhe gibt es Musikliebhaber. Das ist sehr schön. Daher
wird auch einmal jährlich ein Festival veranstaltet. Auch das ist sehr
schön. Bedauerlich ist nur, daß dieses Festival politisch ein wenig sehr
einseitig ausgerichtet ist; es nennt sich „Aufmucken gegen rechts“.
Gemeindlich gefördert, versteht sich.

Diese höchst einseitig Ver(sch)wendung von Steuergeldern ruft natürlich
Widerstand hervor. Genau wie im letzten Jahr fand eine Demonstration
gegen dieses Festival statt, organisiert von Kameraden aus dem
nahegelegenen Bremen. Sie wollten ihre Demonstration ursprünglich am
gleichen Tag machen wie das Festival, am 15. September. Da das aber der
Termin der Wahlkampf-Auftaktkundgebung der NPD in Hannover war, wurde es
um eine Woche verschoben, auf den 22. September.

Obwohl rechtzeitig genug angemeldet, kam die Gemeinde Weyhe erst
dreieinhalb Tage vor der Demonstration auf die lichtvolle Idee, diese zu
verbieten. Als Vorwand dafür sollte eine Ansprache des
Fraktonsvorsitzenden der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Udo
Pastörs, dienen. Der wurde nämlich im Weser-Kurier mit den Worten
zitiert, „die NPD werde auf politisch offensive Aggression umschalten“.
In de Verbotsverfügung liest sich das dann folgendermaßen: „Die NPD hat
auf ihrer bundesweit beachteten Wahlkampfauftaktveranstaltung am 15. 9.
2007 in Hannover unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie
künftig ein strategisches Bündnis mit den neonazistischen sog. „Freien
Kameradschaften“ eingehen wird und mit „offensiver Aggression“ gegen
politische Gegner vorgehen will. Sie nimmt damit Gewalt als Mittel der
politischen Auseinandersetzung nicht nur billigend in Kauf, sondern
erklärt sie in faktischer Nachfolge von Organisationen wie der
verbotenen „Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP)“ zum integralen
Bestandteil ihrer Gesamtstrategie.“

Lustig, lustig. Die NPD als „faktische Nachfolgerin“ der immerhin vor
zwölf Jahren verbotenen FAP. Auf so einen phantasievollen Gedanken muß
man erst einmal kommen! Bevor man jedoch darauf kommt, muß man erst
einmal auf den Gedanken kommen, Zeitungsberichte zur Grundlage
behördlicher Entscheidungen zu machen. Das wäre fast noch lustiger, wenn
es nicht traurig wäre. Und abgesehen davon, ob man als Behörde keine
bessere Quelle hat als den Weser-Kurier, muß man auch Sätze verständig
lesen können. Aus „politisch offensiver Aggression“ körperliche Gewalt
machen zu wollen, ist schon ein wenig sehr paranoid. Vielleicht sollte
man von Mitarbeitern einer Stadt- oder Gemeindeverwaltung künftig
regelmäßig nervenärztliche Atteste verlangen, um solche Fehlfunktionen
zu vermeiden? Paranoia ist immerhin eine anerkannte Krankheit, und zwar
nicht gerade eine harmlose!

Wahrscheinlich aber kann die Gemeindeverwaltung nicht einmal für sich in
Anspruch nehmen, an einer Nervenkrankheit zu leiden. Viel eher ist es
wohl so, daß man hier einmal gutmenschlich „gegen rechts aufmucken“
wollte. Und weil ein Festival allein nicht reicht, egal, ob nun von der
Gemeinde gesponsort oder nicht, schon man noch eine selten blöde
begründete Verbotsverfügung hinterher. Von der Bürgermeister Frank
Lemmermann dann auch nach der unweigerlich erfolgten Aufhebung durch das
Verwaltungsgericht Hannover sagte, er sei nach wie vor der Meinung, die
Verbotsverfügung sei hinreichend begründet gewesen...

Ist auch Wahnsinn, so hats doch Methode, wie Schiller meinte? – Nein, es
ist nicht Wahnsinn, es hat nur Methode. Nämlich die, einmal mehr
behördliche Kapazitäten und öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen, um
eigene Meinungshoheit diktatorisch festzuschreiben. Und wenn das – wie
man sich ausrechnen kann, sofern man Gerichtsbeschlüsse gelegentlich mal
liest – nicht klappt, dann hat man wenigstens die Werbung und
Mobilisierung für eine solche Demonstration behindert. Und ganz nebenbei
den Erlaß eines Auflagenbescheides so lange verzögert, daß der
Veranstalter diesen schlichtweg nicht mehr anfechten kann, was weiteren
Rechtsbrüchen Tür und Tor öffnet.

Abgesehen davon, daß es in der BRD dankenswerterweise relativ
unabhängige Gerichte gibt, stellt sich schon die Frage: Was
unterscheidet eigentlich eine Gemeindeverwaltung dieser Art von einer
Bezirksleitung der ehemaligen SED? In Sachen staatlich oder behördlich
verordnetem sogenannten „Antifaschismus“ könnten sie sich geradezu die
Hand reichen!

Die Frechhheit dabei ist, sich auch nach einem korrigierenden
Gerichtsbeschluß einfach noch im Recht zu fühlen. Und die weitere
Frechheit dabei ist natürlich, das noch auf Kosten der Gemeinschaft der
Steuerzahler zu tun.

Nun, was will man erwarten? Aufmucken kommt von Mucker, und da belehrt
uns ein Blick in den Duden: „heuchlerischer Frömmler; Duckmäuser“. Da
wird dann „Aufmucken gegen rechts“ nicht zu eine Art Programm, sondern
bekommt eher schon den Charakter einer Selbstbezichtigung!

Die Demonstration übrigens verlief völlig friedlich.

Hamburg, den 23. September 2006


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