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Antikriegstag in Dortmund

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 02. September 2007

Antikriegstag in Dortmund


Die antifaschistische Linke hatte dem Tag aus zwei Gründen mit großem
Interesse entgegengesehen: Einerseits träumte sie davon, wieder wie am
1. Mai massive Verkehrsbehinderungen herbeiführen zu können, von denen
nicht nur die Demonstranten, sondern noch viel stärker normale Bürger
betroffen waren, und zum anderen fragten sie sich: Ob oder welche
Auswirkungen hat der Streit zwischen dem NPD-Parteipräsidium, den
Autonomen Nationalisten und etlichen freien Nationalisten, die nicht
zugleich auch autonome Nationalisten sind, auf diese Demonstration? Es
wurde darüber spekuliert, daß der 1. September eine Art „Heerschau“ der
Autonomen Nationalisten und somit auch der Befürworter des „Nationalen
Schwarzen Blocks“ werde.

Mindestens einige Kameraden haben diese Spekulationen offenbar
aufgenommen. Für unser politisches Lager ist ja ohnehin bezeichnend, daß
es sich oftmals viel mehr nach innen orientiert als auf außengerichtete
Politik....

Wenn denn also der 1. September als „Heerschau“ verstanden werden
sollte, so verlief sie auf jeden Fall positiv für die Veranstalter, die
zum Kreis der Autonomen Nationalisten gehören. Die Polizei hatte sehr
gründlich gezählt, unter anderem, weil die Zahl der Ordner sowie der zu
verwendenden Fahnen von der Teilnehmerzahl abhängig war. Sie meldeten
dem Veranstalter 484 Personen. Da nach dieser Zählung noch einmal zehn
Personen den Veranstaltungsbereich erreichten, gehen die Veranstalter
von fünfhundert auf. Lustig ist, daß später in der polizeilichen
Pressemeldung von „ca. 400“ zu lesen war. Das formale Bedürfnis der
Polizei einerseits und das politisch-propagandistische scheinen sich da
wechselseitig im Wege gestanden zu haben... Das wäre vielleicht mal der
Aufklärung wert.

Daß die Polizei irgendeine – negative – Motivation hatte, war an den für
Dortmund bisher eher unüblichen Schikanen zu erkennen. Die Prüfung der
„behördlichen Zuverlässigkeit“ der eingesetzten Ordner nahm teilweise
bis zu drei Stunden in Anspruch... Wollte die Polizei damit auf die
Landesregierung Druck ausüben, endlich neue Funkgeräte,
Datenfernübertragungsleitungen und sonstige Kommunikationstechnik zu
bekommen? Oder diente es eher der Verzögerung der Veranstaltung? Wenn
man bedenkt, daß am Rande ein gewisser Polizeidirektor Sander gesehen
wurde, bekannt von verschiedenen Aktivitäten in Leipzig, dann gewinnt
die letztere Vermutung höheres Gewicht!

Der lustige Gipfel der Frechheit aber war, daß die Polizei zuerst das
Tragen von Sonnenbrillen verbot, es dann wieder erlaubte und
schlußendlich neuerlich verbot. Solche wechselhaften Meinungen kennt man
vielleicht vom Militär, wo zumindest in Norddeutschland jeder Rekrut das
berühmte „Rin in de Kartoffeln – rut us’ns Kartoffeln!“ kennt. Eine
zivile Behörde darf so etwas aber nicht tun, ohne sich dem dringenden
Verdacht rechtswidrigen Handelns auszusetzen. Auch das wäre vielleicht
der Aufklärung wert...

Indes konnte die bis zu dreistündige Verzögerung nicht wirklich stören.
Zwar war die Demonstration nur bis 18.oo Uhr angemeldet, aber es war
ausdrücklich erklärt und von der Polizei gebilligt worden, daß
Verzögerungen, die zu Lasten Dritter wie der Polizei gehen, den
zeitlichen Rahmen entsprechend nach hinten erweitern. Somit vermeldet
der Polizeibericht ein Ende gegen 19.31 Uhr, was ungefähr meiner
Erinnerung entspricht.

Zwischen diesem tatsächlichen Abmarsch und dem tatsächlichen Ende lagen
ungefähr 6,5 Kilometer Wegstrecke und drei Zwischenkundgebungen. Auf der
ersten traten Dennis Giemsch als Veranstalter, der Liedermacher Flex und
meine Wenigkeit auf. Auf der zweiten traten Sascha Krolzig und ein
junger Kamerad namens Christian aus den Niederlanden auf. Die dritte und
letzte Kundgebung bestritten ein Redner, den ich leider wieder vergessen
habe, Constant Küsters aus den Niederlanden und neuerlich Flex mit einem
kurzen Auftritt. Alle Reden thematisierten vornehmlich die
imperalistisch-kriegstreiberische Politik der USA und die Erkenntnis,
daß moderne Kriege vornehmlich wirtschaftliche Ursachen haben und damit
die Faustregel gilt, daß es ohne internationalen Kapitalismus und
Globalisierung allenfalls noch unbedeutsame lokale Konflikte geben
würde, sicherlich aber keine größeren Kriege mehr.

Linke Störungen hielten sich in einem kaum wahrnehmbaren Bereich. Laut
Polizeibericht wurden nahe der Petrikirche Gegenstände auf uns geworfen,
was ich persönlich nicht einmal wahrgenommen habe. (Naja, bei einem Zug
von fünfhundert Leuten kann man ja nun nicht alles sehen...) Die Polizei
nahm daraufhin 32 Linke in Gewahrsam. Festgenommen wurden insgesamt
sechs Personen, zwei von uns, vier Linke. Ein Polizeibeamter erlitt
leichte Verletzungen, als ein Linker ihm ins Gesicht trat. Verschwiegen
hat der Polizeibericht natürlich, daß eine Truppe Polizisten am
Hauptbahnhof grundlos mit Pfefferspray und Knüppeln auf etwa fünfzig
Kameraden von uns losging, wobei mindestens ein Kamerad nach meinen
eigenen Beobachtungen ziemlich verletzt wurde.

Ebenfalls nicht im Polizeibericht steht, daß eine (möglicherweise
spontane) linke Demonstration von etwa fünfzig Personen im
Innenstadtbereich zehn von ihnen wohl als rechts verortete junge Männer
bedrängte und bedrohte, was diese sich nicht gefallen lassen wollten und
sich wehrten, indem sie die Linken mit Stühlen bewarfen. Nach dem
Bericht eines Beteiligten, der später den Weg zu unserer Demonstration
fand, hatten die Linken trotz vier- oder eher fünffacher Übermacht aber
wohl keine Neigung, eine Auseinandersetzung auf geringere Entfernung zu
führen. Die als rechts bezeichnete Gruppe wurde später dann von der
Polizei eingekesselt, wobei ihnen Passanten zuhilfe kamen und der
Polizei gegenüber protestieren: „Laßt doch die Nazis zufrieden, die
linken Chaoten haben angefangen!“ – Es scheint, daß die
Durchschnittsbevölkerung in Dortmund noch sehr gut in Erinnerung hat,
daß wir ihr gegenüber friedlich und freundlich sind, während sie nach
dem 1. Mai linken Chaoten einen streckenweise etwas dauerhafteren
Ausfall ihres Personennahverkehrs zu verdanken hatten.

Berichtet wird dafür, daß insgesamt drei „antifaschistische“
Demonstrationen mit insgesamt rund zweitausend Teilnehmern stattgefunden
hätten. Die eine war von einem „Antifaschistischen Bündnis 28.03“ und
soll neunhundert Teilnehmer gehabt haben. Erst nach ihrer Beendigung
begann eine Veranstaltung des „Friedensforums“, die durch späteren
Zulauf bis zu tausend Teilnehmer gehabt haben soll. (Von denen eine
beachtliche Zahl zweifellos von der früheren Veranstaltung des
„Antifaschistischen Bündnis 28.03.“ kam; auch das sollte man bei der
Auswertung der Gesamtzahl an Gegendemonstranten berücksichtigen.)
Offenbar wenig Beliebtheit sowohl bei Arbeitern als auch bei Bürgern
genießt der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB, zu dessen Veranstaltung nur
120 Personen gekommen sein sollen.

Alles in allem also ein sehr erfolgreicher Tag für den Nationalen
Widerstand in Dortmund!

Hamburg, den 2. September 2007
Christian Worch


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