- zurück zur Auswahl -

Zwei Demonstrationen in Dresden

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 6. Dezember 2006

Zum Thema: ZWEI DEMONSTRATIONEN AUS ANLASS DER BOMBARDIERUNG VON DRESDEN


Vor etlichen Wochen hörte ich aus Dresden und Umgebung erstmals, daß es dort Diskussionen über den Termin des inzwischen traditionellen Trauermarsches gäbe. Während Alexander Kleber einen Termin am Wochenende bevorzuge, hätten örtliche Kameraden sich für den eigentlichen Termin, Dienstag, den 13. Februar 2007, ausgesprochen.

Einige Zeit danach wurde verlautbart, man habe sich auf den Dienstag geeinigt.

Und wieder nicht lange danach war zu erfahren, aus dieser angeblichen oder tatsächlichen Einigung sei Alexander Kleber ausgebrochen und habe zusätzlich noch für Sonnabend, den 10. Februar, einen Trauermarsch angemeldet, wohl in der Hoffnung, daß dieser durch Beteiligung von Auswärtigen eine größere Dimension erhalten werde.

Ich fragte Alexander Kleber per e-mail, ob es zutreffe, daß er erst einem gemeinsamen Termin am 13. zugestimmt habe und dann davon abgerückt sei. Er rief mich kurz darauf an und sagte mir, daß das so nicht richtig sei, sondern daß er bei dem Gespräch mit diversen anderen auf seiner Meinung beharrt habe, die Veranstaltung am 10. Februar zu machen, damit – wie in den letzten Jahren – auch in großer Zahl Auswärtige teilnehmen könnten.

Ich stehe ein wenig unter dem Eindruck, daß es bei dem Terminstreit nicht allein um die Frage geht, ob es angemessen ist, mit Rücksicht auf die Auswärtigen, einen Sonnabend zu wählen, auch wenn dieser nicht auf den 13. Februar fällt, oder ob es der 13. sein muß, auch wenn er mitten in der Woche liegt. Mein persönlicher Eindruck ist eher, daß es um gestalterische Fragen geht; um den politischen Gehalt der Veranstaltung, der in den letzten Jahren immer deutlicher erkennbar war, gewissermaßen um die „Lufthoheit“.

Es hat da einige Sachen gegeben, die mir in den letzten beiden Jahren nicht sonderlich gefallen haben. Im Februar 2005 beispielsweise, daß der Veranstalter sich um eine eher ominöse „Schirmherrschaft“ bemüht hat, die er dann in der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag fand. Oder daß er, wohl als Ausfluß des „Volksfront-Gedankens“ der NPD, die Herren Dr. Frey und Franz Schönhuber als Redner auftreten ließ. All das roch ein bißchen nach parteilicher Vereinnahmung. Im Jahr 2006 war das nicht so offenkundig, da gab es zumindest keine „Schirmherrschaft“. (Vielleicht, weil die Fraktion inzwischen gemerkt hatte, daß sie allein wegen der Finanzordnung keine Fraktionsmittel für eine solche Veranstaltung ausgeben darf....) Trotzdem war unter den Rednern ein starkes Gewicht, beinahe schon ein Übergewicht an prominenten Parteimitgliedern der NPD festzustellen; außer dem Bundesvorsitzenden Udo Voigt dann auch noch sein Stellvertreter Holger Apfel, personalidentisch Vorsitzender der erwähnten Fraktion im Sächsischen Landtag.

Von daher denke ich, daß eine Art von Entpolitisierung der Veranstaltung durchaus guttun würde. Was übrigens auch die Meinung der NPD-Fraktion zu sein scheint (und/oder des Landesverbandes), denn beide sprechen sich meines Wissens für den Dienstag, den 13. Februar, als Termin aus.

Daß trotz dieses gewichtigen Votums Alexander Kleber auf dem 10. Februar beharrt, ist insofern schon ein wenig erstaunlich.

Ich habe mich aus diesen Streitigkeiten bisher herausgehalten. Weil ich kein Sachse bin, geschweige denn ein Dresdner. Und weil ich für einen Auswärtigen in der persönlich privilegierten Situation bin, daß ich sowohl an einem Wochenende als auch an einem Werktag nach Dresden fahren kann. Diese freie Hand in der Terminplanung hat nicht jeder, der etwa fünfhundert Kilometer von Dresden entfernt wohnt.

Ich habe auch nicht die Absicht, die Ansichten der beiden verschiedenen Gruppen gewissermaßen „ex kathedra“ zu beurteilen. Allein schon deshalb, weil mir dabei persönliche Interessen unterstellt werden könnten, die ich nicht habe. Deshalb halte ich mich da so weit heraus, wie es möglich ist. Aber völlig heraushalten kann man sich nicht, wenn man mit beiden Seiten in Verbindung steht und hin und wieder auch nach seiner Meinung gefragt wird, oder danach, wie man sich zu stellen gedenkt.

Daß die am Ort beziehungsweise in der Region ansässigen Personen sich nicht auf einen einzigen Termin einigen konnten, ist natürlich bedauerlich. Aber so was kann vorkommen. Ich kann mich daran erinnern, wie im Jahre 1998 in Hannover die Reemtsma-Ausstellung war, die
Anti-Wehrmachts-Ausstellung. Im Vorfeld gab es zwischen der NPD und parteifreien Kräften eine Diskussion um den Termin für eine Demonstration dagegen. Man konnte sich nicht einigen. Also lief es darauf hinaus, daß zwei verschiedene Demonstrationen angemeldet wurden. Weil Hannover nicht so weit von Hamburg entfernt ist, habe ich an beiden teilgenommen, und als Kameraden sich darüber gewundert haben, habe ich ihnen gesagt: Gegen diese Schandausstellung kann man gar nicht oft genug demonstrieren!

Was Dresden betrifft, so ist das ein gutes Stück weiter von Hamburg entfernt als Hannover. Ich werde daher nicht binnen kurzer Zeit die insgesamt tausend Kilometer hin und zurück zweimal zurücklegen. Mir ist der Gedanke sympathisch, die Dinge zu ihren Wurzeln zurückzuführen. Daher werde ich am 13. Februar in Dresden sein und am Sonnabend vorher,
dem 10. Februar, nicht. Mir ist dabei egal, ob am 10. Februar wegen des günstigeren Termins möglicherweise mehr Leute kommen als am 13. Mir geht es dabei um die Opfer und nicht um die Frage, ob nun tausend oder zweitausend Leute kommen oder drei-, vier- oder fünftausend. Ich komme oder bleibe ja auch nicht fern, weil dieser oder jener Veranstalter ist.
Oder dieser oder jener Redner auftritt. Mir geht es dabei nicht um die Frage der aktuellen „Lufthoheit“ über die Veranstaltung. Mir geht es dabei darum, daß die Unseren im Februar 1945 über Dresden eben nicht die Lufthoheit hatten und daher hundertttausende von Zivilisten ermordet wurden und eine alte Kulturstadt in Schutt und Asche gelegt wurde. Das ist wichtig. Und nicht, wer dort Organisator ist oder spricht oder um welche Kleinigkeiten sonst es gehen mag.

Hamburg, den 6. Dezember 2006
Christian Worch


 Zur Startseite