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Fragenkatalog
Nachricht von:
Christian Worch
Freitag, 01. Dezember 2006
Fragenkatalog
Vorbemerkung:
Während ich an dem nachfolgenden Fragenkatalog arbeitete, arbeiteten
Holger Apfel und Winfried Petzold an einem Rundschreiben an die
Mitglieder der Sächsischen NPD, das am Donnerstag, dem 30. November, um
17.oo Uhr auch ins Internet gestellt wurde, genau genommen in das
Diskussionsforum „Nationales Forum Sachsen“.
Einige wenige der von mir aufgelisteten Fragen haben sich damit
beantwortet, bevor ich sie stellen konnte. (Konkret sind das die Fragen
Nr. 15, 17 und 18.) Ich lasse sie der Vollständigkeit halber trotzdem
drin; es ist beim Lesen im Zusammenhang eben nur zu berücksichtigen, daß
sie sich durch das Mitgliederrundschreiben von Fraktion und
Landesvorstand schon erledigt haben.
Nun der Text in seiner Fassung mit angehängtem Fragenkatalog, wie er am
Donnerstag, dem
30. November, ca. 14.oo bis 16.oo Uhr entstanden ist:
Der dringende Tatverdacht gegen den vormaligen sächsischen
NPD-Landtagsabgeordneten Matthias Paul, kinderpornographische Werke
besessen oder gar verbreitet zu haben, ist einer der schwersten
vorstellbaren politischen Schäden. Dieser Schaden betrifft nicht allein
die Fraktion der NPD im Sächsischen Landtag oder den Landesverband
Sachsen der NPD oder die gesamte NPD. Dieser Schaden betrifft auch alle
Gruppen oder Personen außerhalb der NPD, die mit der NPD öffentlich
zusammenarbeiten oder von der veröffentlichten Meinung mit der NPD in
Verbindung gebracht werden.
Daher sind meiner Meinung nach die Fraktion der NPD im Sächsischen
Landtag sowie der Landesvorstand des Landesverbandes Sachsen der NPD in
der Pflicht, mit dieser Angelegenheit nicht wie mit einer Privatsache
umzugehen oder sich möglicherweise damit herauszureden, daß nach
seinem Rücktritt von Ämtern und Mandat Matthias Paul sie jetzt
gewissermaßen nichts mehr angehe. Sie sind meiner Meinung nach den
Mitgliedern und Sympathisanten der NPD, den 191.000 sächsischen Wählerinnen
und Wählern, die diese Fraktion und damit auch Matthias Paul überhaupt
erst in den Landtag von Sachsen gebracht haben, sowie darüber hinaus
dem ganzen Nationalen Lager jede nur machbare Sachaufklärung schuldig.
Da die Fraktion und der Landesvorstand sich in dieser Hinsicht bisher
eher zurückgehalten haben, ist es angezeigt, einen Fragenkatalog
aufzustellen und öffentlich an sie zu richten.
Diese Fragen sind:
1. Liegen der Fraktion Durchsuchungsbefehl und/oder
Beschlagnahmeprotokoll der Durchsuchung vom 24. November 2006 vor?
2. Wenn ja: Ist beabsichtigt, diese Unterlagen öffentlich zu machen?
Und wenn ja, wann?
3. Wenn die zu 1 genannten Unterlagen vorliegen, aber nicht beabsichtigt
ist, diese öffentlich zu machen: Warum nicht?
4. Wenn die zu 1 genannten Unterlagen nicht vorliegen – einzeln oder
beide nicht - , hat die Fraktion sie von Matthias Paul zum Zwecke der Öffentlichmachung
angefordert?
5. Wenn die Fraktion die zu 1 genannten Unterlagen von Matthias Paul
noch nicht angefordert hat, hat sie dann die Absicht, dies zu tun?
6. Wird die Fraktion, wenn sie die Unterlagen angefordert hat oder noch
anfordert und sie nicht erhalten hat beziehungsweise erhalten sollte,
diesen Umstand öffentlich machen und in geeigneter Weise kritisieren?
7. Ist der Fraktion das Buch „Im Teufelskreis der Gewalt“ des
Aussteigers Nick W. Greger bekannt?
8. Wenn ja, seit wann ist es der Fraktion bekannt?
9. Ist der Fraktion bekannt, ob dieses Buch bzw. vorab dessen Manuskript
auch dem vormaligen Abgeordneten Matthias Paul bekannt war?
10. Wenn der Fraktion bekannt ist, daß es Matthias Paul bekannt war,
ist der Fraktion bekannt, ab wann es Matthias Paul bekannt war?
11. Ist – im Falle daß das Buch bzw. vorab das Manuskript seit
einiger Zeit sowohl der Fraktion als auch Matthias Paul bekannt waren -
die Behauptung des Aussteigers Nick W. Greger, Matthias Paul habe als
19-jähriger eine sexuelle Beziehung zu einer 14-jährigen gehabt und
Sorge um eine eventuelle Schwängerung dieser gehabt, seitens der
Fraktion Matthias Paul gegenüber in irgendeiner Weise thematisiert
worden?
12. Nach früherem Recht war die sexuelle Beziehung zwischen einem 19-jährigen
und einer 14-jährigen strafbar, wenngleich mit der Einschränkung, daß
es ein Antrags- und kein Offizialdelikt war und daß im Falle eines Täters
unter 21 Jahren das Gericht von Strafe absehen konnte, aber nicht mußte.
Nach der 1994 in Kraft getretenen Strafrechtsreform wäre für den
(heranwachsenden) 19-jährigen eine solche Beziehung zu einer
(jugendlichen) 14-jährigen allenfalls dann strafbar, wenn der
Heranwachsende eine Zwangslage der Jugendlichen ausnutzen oder Beischlaf
gegen Entgelt mit ihr haben würde. Wenn diese Fraktion auf Bundesebene
gesetzgeberische Kompetenz hätte: Würde sie die derzeitige liberalere
Gesetzgebung beibehalten wollen, oder würde sie die vor 1994 gegolten
habende schärfere Gesetzgebung wieder einführen wollen?
13. Matthias Paul ist nach Bekanntwerden der gegen ihn gerichteten
Durchsuchung, also des Bestehens eines „dringenden Tatverdachts“ des
Besitzes oder möglicherweise auch der Verbreitung von
Kinderpornogrpahie, von seinen Parteiämtern zurückgetreten und hat
sein Landtagsmandat niedergelegt. (Die Niederlegung des Landtagsmandates
wurde aus formellen Gründen allerdings wohl erst am Montag, dem 27.
November, wirksam.) In einer ersten öffentlichen Erklärung vom
Freitag, dem 24. November, hat die Fraktion dies mitgeteilt. Eine
weitere öffentliche Erklärung vom Montag, dem 27. November, enthielt
das zusätzliche Detail, daß der Rücktritt bzw. die
Mandatsniederlegung durch Matthias Paul auf Auforderung von Fraktion und
Landesverband geschehen sei. Hat es eine solche Aufforderung von Seiten
der Fraktion und/oder des Landesverbandes gegeben, bevor Matthias Paul
am Freitag zunächst (sofort wirksam) seine Parteiämter niedergelegt
hat und gleichzeitig (formal erst später wirksam bzw. zu wiederholen)
sein Mandat niedergelegt hat?
14. Wenn es die zu 13. genannte Aufforderung gegeben hat, warum wurde
von dieser in der ersten Stellungnahme der Fraktion – vom 24. November
– nichts erwähnt, wohl aber in der zweiten Stellungnahme der Fraktion
– vom 27. November -?
15. Es besteht die Möglichkeit, daß Matthias Paul unschuldig im Sinne
der ihm von der Staatsanwaltschaft gemachten Vorwürfe ist. In diesem
Falle wäre die Niederlegung insbesondere seines Mandats natürlich ein
sehr nobler Schritt zum Schutz der Fraktion, der er bisher angehört
hat, beziehungsweise der Partei, der er noch angehört. Hat sich die
Fraktion Gedanken darüber gemacht, ob oder in welcher Weise ihm bei
Freispruch bzw. Einstellung des Verfahrens Kompensation für den nicht
geringen wirtschaftlichen Verlust, der mit der Aufgabe eines mit Diäten
verbundenen Mandtas entsteht, verschafft werden kann?
16. Nach einer Pressemitteilung der Fraktion hat der
Fraktionsvorsitzende Holger Apfel am Montag, dem 27. November, folgendes
erklärt: „Der NPD-Fraktionsvorsitzende Holger Apfel machte deutlich,
daß sich die NPD – die stets für ein hartes und konsequentes
Vorgehen im Kampf für die Durchsetzung eines effektiven Kinderschutzes
eintritt – für die härtest mögliche Bestrafung auch für Matthias
Paul einsetzen werde, wenn sich die Vorwürfe gegen ihn tatsächlich
bewahrheiten sollten.“ Der derzeitige Strafrahmen für den Besitz
kinderpronographischer Werke ist Geldbuße oder Gefängnis bis zu einem
Jahr. Der derzeitige Strafrahmen für die (private) Verbreitung
kinderpornographischer Werke ist Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf
Jahren. Hält die Fraktion diesen Strafrahmen für ausreichend? Oder würde
sie ihn, wenn sie gesetzgeberische Kompetenz auf Bundesebene hätte,
verändern, und wenn ja, mit welcher Strafbewehrung?
17. Nach Angaben der Fraktion hat der vormalige Abgeordnete Matthias
Paul am 24. November angekündigt, „in den nächsten Tagen“ eine
Erklärung zu dem gegen ihn bestehenden dringenden Tatverdacht
abzugeben. Eine solche ist hier bisher nicht bekannt. Gedenkt die
Fraktion, Matthias Paul an die Abgabe einer solchen Erklärung zu
erinnern? Wenn ja, gedenkt die Fraktion, dabei einen Zeitrahmen
anzugeben, binnen derer sie die Abgabe der Erklärung für wünschenswert
hält?
18. Falls die Fraktion im Sinne von Frage 17 Matthias Paul an die Abgabe
einer solchen Erklärung erinnert und dabei auch einen wünschenswerten
Zeitrahmen angibt, wie gedenkt die Fraktion zu reagieren, wenn dies
nicht innerhalb des ggfs. zu nennenden Zeitrahmens geschieht? Und wie
gedenkt der Landesverband, dessen Mitglied Matthias Paul nach hiesiger
Kenntnis offenbar noch ist, in einem solchen Fall zu reagieren?
Hamburg, den 30. November 2006
Christian Worch
Anhang:
Das Mitgliederrundschreiben von Holger Apfel und Winfried Petzold nebst
dem einführenden Text dazu aus dem „Nationalen Forum Sachsen“:
Liebe Kameraden,
nachfolgend gebe ich Euch die Stellungnahme der NPD-Sachsen zu den
Ermittlungen gegen Matthias Paul zur Kenntnis, die per Rundschreiben an
die sächsischen NPD-Mitglieder unterwegs ist. Über die Ermittlungen
der Staatsanwaltschaft und die Auswertung der bei der Durchsuchung
beschlagnahmten Gegenstände ist uns bisher nichts bekannt.
Dresden, 30.11.2006
Liebe Kameradinnen und Kameraden,
wie Ihr Euch denken könnt, herrscht bei uns allen noch immer
Fassungslosigkeit über die von der Staatsanwaltschaft Dresden und der
Medienöffentlichkeit erhobenen Vorwürfe gegen unseren ehemaligen
Abgeordneten und Landespressesprecher Matthias Paul. Da zu Recht viele
Nachfragen an uns herangetragen wurden, sehen wir die Notwendigkeit
gegeben, uns zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen an Euch zu wenden,
um Euch über den uns zum jetzigen Zeitpunkt bekannten Sachverhalt zu
informieren.
Am vergangenen Freitag ab 9.30 Uhr durchsuchte die Staatsanwaltschaft
Dresden mit Polizeibeamten das Abgeordnetenbüro, das Bürgerbüro und
die Privatwohnung von Matthias Paul mit Genehmigung des Landtagspräsidenten.
Laut Durchsuchungsbeschluß wird gegen Paul wegen des Verdachts der
Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornografischer
Schriften (so heißt der Straftatbestand, wobei unter Schriften auch
Datenträger, Videos u. ä. fallen – es muß sich also nicht um Bücher
oder Zeitschriften handeln) ermittelt. Wie der Presse zu entnehmen ist,
wurden bei der Durchsuchung vor allem Videos und mehrere Ordner
beschlagnahmt, deren Mitnahme beim derzeitigen Stand noch nichts besagt,
da die Staatsanwaltschaft diese vorsorglich zur Prüfung beschlagnahmt
haben dürfte, weil die Etikettierung nicht zwingend dem tatsächlichen
Inhalt entsprechen muß.
Nach Abschluß der Wohnungsdurchsuchung kam M. Paul am späten
Freitagnachmittag ins Büro, wo er zunächst dem Fraktionsvorstand, am
Abend auch der Parteiführung den Sachverhalt aus seiner Sicht
schilderte. Im Rahmen dieser Aussprache gestand er ein, daß er zu Hause
im größeren Stil “normale” Pornofilme aus dem Weltnetz
heruntergeladen habe. Schon dieser eingeräumte Umstand ist höchst
unerfreulich, da sich Paul als MdL seiner herausgehobenen Position und
der damit verbundenen politischen und moralischen Verantwortung hätte
bewußt sein müssen. Allerdings bestreitet er den Vorwurf des Vertriebs
pornografischer Schriften ebenso vehement wie jenen, bewußt
Kinderpornos besessen bzw. übertragen zu haben. Auch den Vorwurf,
jemals an seinem Computer im Landtag irgendwelche Pornoseiten eingesehen
und einschlägige Daten heruntergeladen zu haben, bestreitet er
energisch.
Paul erklärte ferner, daß er sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen
vorläufig nicht weiter äußern wolle, da derzeit noch unklar sei, ob
und wann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben werde. Sollte es zu
einer Anklage kommen, werde er sich im Rahmen des Strafverfahrens zu den
Vorwürfen äußern. Zunächst bleibe abzuwarten, was die
Staatsanwaltschaft an konkreten Tatvorwürfen gegen ihn vorzubringen
habe und welche Ergebnisse das laufende Ermittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft Dresden bringen werde.
Bei unseren Gesprächen machten wir ihm klar, daß er – sofern die
Vorwürfe nicht vollständig ausgeräumt werden könnten – für Partei
und Fraktion nicht mehr tragbar sei.
Matthias Paul räumte ein, daß er verantwortungslos gehandelt hat und
sah ein, daß die Vorkommnisse unweigerlich Konsequenzen nach sich
ziehen müßten. Der am Freitagabend gestellten Aufforderung der Partei-
und Fraktionsführung, sein Mandat niederzulegen und von seinen Parteiämtern
zurückzutreten, kam er umgehend nach. Auf einer Sondersitzung der
Fraktion am darauffolgenden Montag begrüßten alle Abgeordneten und
Mitarbeiter diesen Schritt, um weiteren Schaden von der Partei
abzuwenden.
Viele Außenstehende werten Pauls Entscheidung als Schuldeingeständnis.
Wir sehen darin zunächst einmal ein verantwortungsvolles Handeln gegenüber
unserer NPD, der er immerhin seit früher Jugend (seit 14 Jahren) angehört.
Aufgrund der Schwere der Vorwürfe kann im Rahmen der Schadensbegrenzung
ein Mandatsverzicht und der Rücktritt von allen Ämtern nur die
logische Konsequenz seines grundsätzlich unverantwortlichen Handelns
sein, denn Fakt ist: Allein schon auf der Basis des uns bekannten und
geschilderten Sachverhalts ist er für uns nicht mehr tragbar! Und in
aller Deutlichkeit sei auch festgestellt: Die NPD – die stets für ein
hartes und konsequentes Vorgehen im Kampf für die Durchsetzung eines
effektiven Kinderschutzes eingetreten ist – wird auch für M. Paul die
umfassende Ausschöpfung des rechtlich möglichen Strafrahmens
einfordern, wenn sich die Vorwürfe gegen ihn tatsächlich
bewahrheiten sollten!
Jedem wird ersichtlich sein, daß Paul nach den Vorkommnissen dieser
Tage und seiner damit verbundenen Mandatsniederlegung politisch, aber
auch wirtschaftlich zunächst einmal „erledigt“ ist. Da er kein
Arbeitslosengeld erhält, wird er Ersparnisse aufbrauchen und sich
anschließend wohl aufgrund seiner politischen Vergangenheit und der
ggf. noch laufenden Ermittlungen in die Hartz-IV-Schar einreihen müssen.
Daran ist er selbst schuld. An dieser Stelle sei aber auch angemerkt, daß
er genauso gut unter Mitnahme seines Mandats aus der Fraktion hätte
austreten und darauf warten können, wie die Medien den Fall im Rahmen
ihres Kampfes gegen Rechts immer weiter auswalzen. Als fraktionsloser
Abgeordneter könnte er weiterhin Diäten kassieren, ohne dafür den
geringsten Handschlag tun oder sich im Landtag aufhalten zu müssen.
Damit stünde er zumindest finanziell besser da als nach seinem jetzigen
Mandatsverzicht.
Genauso gut hätte er Verschwörungstheorien entwickeln und uns im
Unklaren lassen können. Wer hätte das angesichts der harten Bandagen
im Kampf gegen Rechts als total abwegig betrachten wollen? Er hätte
Fraktion und Partei gezielt ins offene Messer laufen lassen können, da
wir zunächst einmal von seiner absoluten Unschuld hätten ausgehen müssen,
wenn er die Vorwürfe komplett zurückgewiesen hätte. Der Medienrummel
wäre noch viel schlimmer (und wohl noch viel länger verlaufen), als es
jetzt zweifellos schon ist!
Liebe Kameraden, zweifellos ist mit dem “Pornoskandal” eine
Katastrophe eingetreten, die uns politisch zurückwirft und uns alle
persönlich sehr betroffen stimmt. Dies um so mehr, weil Matthias Paul
– ganz im Gegensatz zu Schmidt, Baier, Schön und Menzel – ein
wichtiger Leistungsträger der Fraktion war, dem wir derartige
Verwicklungen nicht zugetraut hätten. Wir bedauern die
Vorkommnisse und können uns – auch wenn es an der Sachlage nichts ändert
– nur bei allen Kameraden und Wählern dafür entschuldigen, daß
unsere Partei in letzter Zeit immer neue Rückschläge aufzuarbeiten
hat.
Im Hinblick auf die Landtagswahl 2009 könnten wir aber versprechen: Wir
werden alles daran setzen, unsere Kandidaten vorher auf ihre politische
Kompetenz und charakterliche Integrität noch genauer zu überprüfen
und ihre Vergangenheit so weit wie möglich zu durchleuchten. Bei der
Auswahl gilt es, Intrigenspielereien im Keim zu ersticken, nicht auf
irgendwelche KV-/Jugend- /Alter-/Frauen-Quoten, Geld oder allein auf die
Dauer der Parteimitgliedschaft Rücksicht zu nehmen. Entscheidend ist,
daß wir aus Schaden klug werden.
Noch einmal darf so etwas nicht passieren, und wir sind froh, daß schon
unsere Kameraden in Mecklenburg-Vorpommern ganz andere Maßstäbe bei
der Kandidatenauswahl gestellt haben als dies 2003 in Sachsen der Fall
war.
Da wir wissen, daß die Kandidatenauswahl in der Vergangenheit nicht
selten dem Zufall oder nicht immer sinnvollen “Auswahlkriterien” überlassen
war, muß jeder aus dem in diesem Fall traurigen Beispiel Sachsens seine
Lehren für die Zukunft ziehen, wobei wir alle Realisten genug sein
sollten, um zu wissen, daß ähnliche Fälle nicht immer grundsätzlich
verhindert werden können. Denn es steht einem Menschen nicht auf der
Stirn geschrieben, ob es sich um einen Agent oder Betrüger handelt. Das
soll uns aber nicht von der unbedingten Verpflichtung abhalten, alles in
unserer Macht Stehende zu tun, um Risiken weitestgehend auszuschließen!
Wir jedenfalls werden alles daran setzen, daß der nächste
Listenparteitag keinen Kardinalfehler begeht, für den wir dann wieder
über Jahre hinweg den Kopf hinhalten müssen.
Liebe Kameraden, wie Ihr Euch denken könnt, sind Fraktion und
Landesvorstand noch immer erschüttert über die Vorkommnisse, und es
stimmt uns wütend, wenn man einerseits die Einsatzfreude vieler
Aktivisten sieht, die unsere Partei unter größtem Einsatz nach vorn
bringen wollen, und man es andererseits immer wieder mit Leuten zu tun
hat, die den ihnen anvertrauten Aufgaben aus unterschiedlichsten Gründen
nicht gewachsen sind und alles kaputt machen, was andere aufgebaut
haben.
Es ist klar, daß es im Moment erst einmal darum gehen muß,
Schadensbegrenzung zu betreiben und wieder zur Ruhe zu kommen, um
unserer politischen Arbeit gerade im Dezember vernünftig bewältigen zu
können, wo wir uns mit dem “Doppelhaushalt 2007/ 2008”
auseinanderzusetzen haben. Das mag für Außenstehende zweitrangig sein,
aber es ist auch nicht damit geholfen, wenn wir uns nur noch mit uns
selbst beschäftigen.
Auch wenn wir keinen übertriebenen Zweckoptimismus verbreiten wollen,
gilt es außerdem festzustellen, daß der nächste Wahltermin noch in
weiter Ferne liegt und uns somit die Möglichkeit zur
“Regenerierung” und zur politischen Überzeugungsarbeit bleibt. Auch
wenn wir wissen, daß Meinungsumfragen Schall und Rauch sind, ist es
bemerkenswert, daß wir nach vormals 3 % in Sachsen nach einer jüngsten
Meinungsumfrage von „infratest dimap“ bei 7 % liegen – ohne
kostenintensiven Wahlkampf, trotz totaler Medienblockade unserer
Sacharbeit, trotz Aussteigergeschichten, trotz der jüngsten Medienvorwürfe
über die angebliche Zweckentfremdung von Fraktionsmitteln für die
Parteiarbeit. Das beweist, daß wir über ein gesundes Reservoir an
Stammwählern verfügen, die Lug und Trug von der Wahrheit unterscheiden
können. Natürlich wissen wir genau, daß uns der “Porno-Skandal”
in den kommenden Wochen zurückwerfen wird, aber es liegt in unserer
Hand, in den nächsten Jahren durch weiterhin gute inhaltliche Arbeit
das 2004 in uns gesetzte Vertrauen zu bestätigen. Damit dies gelingt,
hat die Fraktion bereits beschlossen, im Frühjahr eine
Informationsoffensive in allen Teilen Sachsen zu starten, um die
Zustimmungswerte trotz der aktuellen Turbulenzen zu halten und weiter
auszubauen.
Liebe Kameraden, natürlich können wir verstehen, daß mit jedem Vorfall
das in die Fraktion investierte Vertrauen nicht gestärkt wird. Und doch
ist es unseres Erachtens jetzt wichtiger denn je, daß wir uns von den
Angriffen von außen und innen nicht beirren lassen, sondern noch enger
zusammenrücken und an einem Strang ziehen! Natürlich ist es einfach,
in siegreichen Zeiten mit dabei zu sein, aber im Namen der Fraktion und
des Parteivorstandes danken wir all jenen im Voraus, die der Partei und
Fraktion auch in schwerer Stunde zur Seite stehen werden.
Mit kameradschaftlichen Grüßen
Winfried Petzold, NPD-Landesvorsitzender
Holger Apfel, NPD-Fraktionsvorsitzender
Und jetzt hierzu noch
eine kleine Anmerkung von mir.
Also schon der Besitz von größeren Mengen „normaler“, nicht
strafbarer Pornographie, heruntergeladen aus dem Internet, reicht bei
der NPD aus, um als Landtagsabgeordneter nicht mehr tragbar zu sein?
Warum eigentlich? Hängt das von der Menge ab? Oder reichen schon
kleinere Mengen, ein einziger beispielsweise? Und wenn es von der Menge
abhängt, wo ist die zahlenmäßige Grenze?
Oder geht es darum, daß das Herunterladen von Filmen aus dem Internet
meistenteils eine Urheberechtsverletzung darstellt? Zweifellos ein
schwerwiegendes Vergehen! Es ist eine Art Betrugsdelikt, weil man damit
den Hersteller oder Künstler um sein Honorar bringt. Beziehungsweise
den kommerziellen Anbieter um seinen Gewinn. Ein Betrugsdelikt ist aber
kein Hindernis, auf eine Landesliste der NPD zu kommen. Der inzwischen
von der Fraktion gefeuerte Abgeordnete Menzel wurde in früheren Jahren
zu einer Strafe von zwei Jahren auf Bewährung wegen Betrugs verurteilt.
So viele Filme kann Matthias Paul ja gar nicht aus dem Internet
heruntergeladen haben, daß er allein wegen des Verstoßes gegen das
Urheberecht zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt werden könnte!
Entweder herrscht hier Doppelmoral, oder die Fraktion verschweigt – möglicherweise
mit Blick auf ein späteres Verfahren gegen ihr vormaliges Mitglied
Matthias Paul – weiterhin wichtige Details.
Ausgenommen die Fragen Nrn. 15, 17 und 18. bleibt für mich der
Fragenkatalog damit aktuell.
Christian Worch
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