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Volksfront bröckelt

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 31. August 2006


Volksfront bröckelt

So richtig voran geht es mit der vor fast genau zwei Jahren vollmundig verkündeten Volksfront nun wirklich nicht. Man könnte eher sagen, daß es um sie ganz schön ruhig geworden ist. Vielleicht auch, weil trotz verschiedener öffentliche Nachfragen niemand so ganz genau erklären konnte, worin außer schönen Worten denn nun ihr Konzept besteht....

Immerhin, auch ohne daß man es Volksfront nennt, kann man ja punktuell zusammenarbeiten, unabhängig von der Frage, ob man ein Parteibuch in der Tasche hat oder nicht.

So gab es beispielsweise am 29. Oktober 2005 in Göttingen eine von der NPD angemeldete Demonstration, die auch stark von parteifreien Kräften besucht und unterstützt wurde. Die Zusammenarbeit paßte wohl insbesondere linksextremen Kreisen so wenig, daß sie in Göttingen 29 oder 30 Barrikaden anzündeten, ein paar hundert harte oder weiche Wurfgeschosse in die Gegend schleuderten und damit bewirkten, daß die Polizei Panik bekam und die Demonstration vorzeitig beendete.

Die konservative Mehrheit des Landesvorstandes Niedersachsen hatte daher vor weiteren Demonstrationen in Göttingen einfach Angst. Sie fürchtete um das Ansehen der Partei, obwohl nicht nur mir völlig unverständlich ist, warum es der NPD schaden soll, wenn ihre bzw. unsere Gegner Barrikaden bauen. Schaden würde uns nur, wenn WIR Barrikaden bauen würden!

Das sah auch der stellvertretende Landesvorsitzende Adolf Dammann so. Und weil sein Verband auf eine neue Göttingen-Demo keine Lust hatte, meldete er mit mir zusammen für den 13. Mai 2006 die nächste an; nicht namens der NPD, sondern als Privatmann.

Diesmal blieb es geradezu grabesstill in Göttingen, wofür einer Meinung nach das größere und auch besser vorbereitete Polizeiaufgebot sorgte, einer anderen Meinung nach (der der Stadt....) der Umstand, daß ein Marsch gerichtlich nicht durchgesetzt werden konnte und es auf eine stationäre Kundgebung vor dem hermetisch abgeriegelten Bahnhof hinauslief.

Das war natürlich ein unbefriedigendes Ergebnis, und also meldete Adolf Dammann neuerlich eine Demonstration in Göttingen an, für den 28. Oktober 2006. Auch diesmal wieder in seiner Eigenschaft als Privatperson. Und weil man so was nach dem Motto „größer, schöner, 
neuer“ macht, gingen wir natürlich auch wieder in die Werbung. Während im Vorfeld des 13. Mai 6.000 Flugblätter im Format A 4 und Vollfarbdruck hergestellt worden waren, leisteten wir uns diesmal gleich 10.000 Stück. Aus eigener Tasche, versteht sich; außer Adolf und mir beteiligten sich noch drei andere Kameraden an der Finanzierung, teilweise Parteimitlieder, teilweise parteifreie Aktivisten.

Da aber nun mal Parteimitglieder an der Finanzierung der Flugblätter beteiligt waren, gab es von dieser Seite den Wunsch, auch das NPD-Logo mit drauf zu nehmen; und ganz im Sinne der Volksfront hatten wir parteifreien Mitzahler keine Einwände dagegen. Lustig wurde es nur, als ein Parteimitglied den Wunsch hatte, daß auf das Bild auf dem Flugblatt auch die schwarz-rot-goldene Fahne mit rauf sollte. Dagegen hatten einige parteifreie Kameraden Einwände, weil die BRD sich bei uns vielleicht nicht ganz der gleichen Beilebtheit erfreut wie bei Parteiangehörigen. Aber es wurde kameradschaftlich ein Kompromiß gefunden – wir kopierten eine Niedersachsen-Fahne hinein. Die hat eineseits die Bundesfarben, ist andererseits  aber eine Länderfahne und einigen von uns daher einfach sympathischer. Man kann durchaus kameradschaftlich auf einen gemeinsamen Nenner kommen, auch wenn man
nicht die gleichen Ansichten hat....

Nicht auf einen Nenner kommen konnte aber die konservative Mehrheit des Landesvorstandes. Sie schrieb Adolf Dammann einen Brief, den ich nachstehend in Abschrift wiedergebe:

(Zitat Beginn)
"Kamerad Adolf,
 > die Flugblätter zur Demonstration am 28. Oktober 2006 in Göttingen 
 > suggerieren durch die mißbräuchliche Verwendung eines NPD-Logos, die
 > Aufführung eines NPD-Verbandes als Kontaktadresse und insbesondere durch
 > die Nennung Deine Funktion als stellvertretender Landesvorsitzender den
 > falschen Eindruck einer offziellen Einladung der NPD. Der Landesvorstand
 > fordert Dich auf, dieses Flugblatt unverzüglich zurückzuziehen.
 > Wir fordern Dich auf, dem Landesvorstand bis zum 31. August 2006
 > schriftlich zu erklären, zukünftig keine Kundgebungen/Demonstrationen
 > ohne Zustimmung des Landesvorstandes anzumelden und zu veranstalten.
 > Sollte die Erklärung bis zum 31. 08.2006 nicht vorliegen, fordern wir
 > Dich auf, als stellvertretender Landesvorsitzender zurückzutreten.
 > Weitere disziplinarische Maßnahmen bleiben vorbehalten.
 > Mit kameradschaftlichen Grüßen
 > NPD-Landesverband Niedersachsen
 > (Unterschrift)
 > Malte Holzer
 > Landesgeschäftsführer
 > PS: Vorstehendes Anschreiben wurde auf der Landesvorstandssitzung am
 > 20.08.06 so beschlossen. "
(Zitat Ende)

Als ich eine Kopie davon bekam, war ich erst einmal empört. Weil ich empört war, reagierte ich nicht am gleichen Tag, sondern erst am nächsten – militärisches Protokoll. Wer sich beschweren will, muß eine Nacht darüber schlafen und dann noch mal sein Gewissen prüfen, ob er sich wirklich beschweren will. Ich wollte auch am nächsten Morgen! Also schrieb ich zunächst einmal dem Malte Holzer. Ich ließ ihn wissen, daß das Flugblatt zufälligerweise ZWEI Herausgeber hat und daß ich der zweite bin. Und daß ich den Teufel tun würde, die Verbreitung einzustellen; wenn er bzw. sein Landesverband das wolle, dann müsse er schon eine gerichtliche Verfügung gegen mich erwirken; und einer Auseinandersetzung vor der Pressekammer des Landgerichts Hamburg würde ich mit Gelassenheit entgegensehen. – Danach schrieb ich an Udo Voigt und Thorsten Heise. Zur Erinnerung: Der eine ist der Parteivorsitzend der NPD, der andere ist Mitglied des Parteivorstandes der NPD und im Parteivorstand für die Koordination oder Zusammenarbeit zwischen Partei und parteifreien Kräften zuständig. Ich bat beide um Stellungnahme, wobei ich mir erlaubte, eine Frist von einer Woche zu notieren. Normalerweise bin ich nicht so unhöflich, eine so kurze Frist zu notieren. Aber angesichts des Umstandes, daß ich den Landesverband Niedersachsen in aller Form herausgefordert hatte, gegen mich eine Zivilklage vor dem Landgericht Hamburg zu erheben, erschien mir die kurze Frist durchaus angemessen.

Eine Reaktion gab es Anfang der Woche von Thorsten Heise; er rief mich an. Zusamemnfassend möchte ich seinen Anruf als „Good-will-Anruf“ charakterisieren. Einerseits warb er ein wenig um Verständnis für die Partei, weil Parteiverbände nicht ohne vorherige Mitteilung an die Parteizentrale Demonstrationen anmelden dürften, damit man sich da nicht
gegenseitig in die Quere komme. (Wobei er allerdings übersehen hat, daß Adolf Dammann die Demonstration in seiner Eigenschaft als Privatmann angemeldet hat.) Auf der anderen Seite sah er natürlich die Notwendigkeit, dem linken Terror in Göttingen politisch entgegenzutreten, und zwar auch und gerade öffentlich entgegenzutreten. Eine formale Stellungnahme des Parteivorstandes gab er natürlich nicht ab. Das wäre auch schlecht möglich gewesen, weil der Vorstand ja nun nicht jede Woche zusammenkommt....

Wer zwischenzeitlich zusammengekommen ist – am Dienstag, dem 29. August, soweit ich weiß -, war das Parteipräsidium, der kleinere Teil des Vorstandes, in dem mehr maßgebliche Entscheidungen getroffen werden als im Vorstand selber. Angeblich war das Thema auch auf der Tagesordnung des Präsidiums. Irgendeine Erklärung des Präsidiums gegenüber Adolf Dammann oder auch mir gegenüber ist indes nicht erfolgt. Und da die Ein-Wochen-Frist abgelaufen ist, sehe ich mich daher berechtigt, die Sache in die Öffentlichkeit zu bringen.

Der Vorgang zeigt drei Dinge, die für die NPD geradezu typisch sind.

Erstens, in den meisten Verbänden gibt es eine konservative Mehrheit sowohl unter den Mitgliedern als auch in den Vorständen. Denn die Vorstände werden auf Parteitagen gewählt, zu denen nur Delegierte stimmberechtigt zugelassen sind. Diese aber gehören mehrheitlich der passiven Mehrheit an und weniger den aktiven Kreisen der Partei.

Zweitens, die Bundesführung der Partei versucht sich aus solchen Dingen rauszuhalten; egal, ob der Vorsitzende in eigener Person oder das Präsidium oder der Vorstand. Man möchte es sich mit niemandem verderben, man möchte wie der reine Geist über den Wassern schweben. (DER Geist aber, den ich hier in Anspielung auf die Bibel meine, konnte Hebräisch. Ob das die Bundesführung der Partei auch kann?! Zweifelhaft!)

Und drittens: Ulrich Eigenfeld, der Prototyp des Parteibürokraten, der Prototyp des Multifunktionärs, ist der übliche Klotz am Bein. Proletarischer ausgedrückt könnte man ihn auch einen Schmerz im Arsch nennen.

Auf diese Weise kann die vielgerühmte Volksfront natürlich nicht funktionieren.

Sie wird offenbar von einigen Leuten in der NPD bewußt und absichtlich hintertrieben.

Wir werden uns nun künftig – auch ohne ein bisher wirklich nachvollziehbares Konzept der Volksfront – folgende Fragen stellen müssen: Ist die Volksfront gescheitert, weil jeder kleine Landesfürst der NPD ihr auf diese Weise in die Hacken treten kann, indem er gegen einen Mann vorgeht, er sich im Laufe seiner rund vierzigjährigen Parteimitgliedschaft als beständiger fleißiger Arbeiter wohl mehr Verdienste erworben hat als ein Ulrich Eigenfeld? – Oder ist es an der Zeit, daß die NPD sich der Eigenfelds entledigt, wenn sie wirklich eine Volksfront will?!

Diese Frage kann letztlich nur die NPD beantworten. Aber sie soll gewiß sein, daß diese Dinge außerhalb der Partei aufmerksam beobachtet werden. Und gegebenenfalls auch darauf reagiert wird. Und daß wir es uns im Gegensatz zu Parteiangehörigen nicht nehmen lassen werden, das auch öffentlich zu diskutieren, wenn eine interne Klärung offenbar nicht
befriedigend möglich ist.

Es ist die NPD, die die Volksfront viel mehr braucht als wir. Nicht umgekehrt!

Hamburg, den 31. August 2006
Christian Worch


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