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HALBE - WIE GEHT ES WEITER?

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg 16.11.05

HALBE – WIE GEHT ES WEITER?

Diese Frage ist in den letzten Tagen in vielen Foren gestellt worden; sie ist auch an die Veranstalter und mich gerichtet worden.

Um Wiederholungen der illegalen Straßenblockade vom Tag vor Heldengedenken zu vermeiden, wäre nötig, die Polizei wegen der Nicht-Räumung zu verklagen, eine sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage.

Nun gibt es viele Kameradinnen und Kameraden, gerade unter den Jüngeren, die sagen: Was nützen uns denn Gerichtsbeschlüsse?! Wir hatten in Halbe einen Gerichtsbeschluß sogar des Oberverwaltungsgerichts, daß wir zum Friedhof dürfen, aber ein paar Leute haben sich auf die Straße gestellt, die Polizei hat grinsend zugesehen und nichts getan, und sie hat uns mit Gewalt sowie fünffach gestaffelten Polizeiketten hinter Sperrgittern daran gehindert, selbst etwas gegen diesen Rechtsbruch zu tun.

Naja, wer ein bißchen länger dabei ist als erst ein oder zwei Jahre, der wird noch erinnern, daß wir etwa Mitte der 90-er Jahre wegen ständig von den Gerichten bestätigten Verboten ÜBERHAUPT NICHT demonstrieren konnten, und daß es eines jahrelangen Rechtskampfes und einiger Beschlüsse des Verfassungsgerichts bedurfte, bis wir das mal geändert hatten.

Anders geht’s halt nicht; man kann auch mit zweitausend Mann nicht eine fünffach gestaffelte Polizeikette hinter Sperrgittern wegdrängen; das ist einfach physisch unmöglich.

Also bleibt nur der Rechtsweg.

Und der kostet bekanntlich Geld.

Wir haben mal ausgerechnet, was die diesjährige Halbe-Veranstaltung uns bisher an Geld gekostet hat. Ich alleine trage ein Minus von über 700 EURO. Die anderen tragen einen Verlust, der sich zu ungefähr der gleichen Höhe addieren wird. Grob ausgedrückt, der Verlust liegt bei rund 1.500 EURO. Wir können das nicht mehr alleine tragen. Oder noch mehr zusetzen. Die Klage der ersten Instanz kostet 400 EURO; die sind vorauszubezahlen. Verliert man und geht es in die nächste Instanz, kostet es noch einmal rund doppelt soviel, also weitere 800 EURO. Die kriegt man zwar wieder, wenn man letztlich vor dem Verfassungsgericht gewinnt, aber das kann Jahre dauern, und erst mal muß das Geld auf den Tisch gelegt beziehungsweise überwiesen werden. Und auch wenn man in erster Instanz gewinnt, ist damit das Kostenrisiko noch nicht völlig abgedeckt. Wenn die Gegenseite in zweiter Instanz erfolgreich ist, zahlt man erst mal...

Wir können uns das anhand der in diesem Jahr eingefahrenen Verluste nicht mehr leisten.

Die Klage ist eingereicht worden, weil ein Kamerad, der im Versandhandel tätig ist, eine Spende von 400 EURO zugesagt hat; damit waren die unmittelbar anfallenden Kosten gedeckt. Um aber nötigenfalls fortsetzen zu können, werden wir über kurz oder lang mehr Geld brauchen.

Daß wir klagen, ist noch keine Garantie dafür, daß es nächstes Jahr anders läuft; aber wenn wir NICHT klagen, dann IST das schon fast eine Garantie dafür, daß es nächstes Jahr genau so läuft wie dieses Jahr....

Es liegt also an Euch, an jeder Kameradengruppe, an jedem einzelnen Kameraden und jeder einzelnen Kameradin, ob es mit aller nötiger Energie versucht wird oder nicht. Während andere an Politik verdienen oder zumindest sehen, daß sie verlustfrei bleiben, sind wir es, die teilweise über Jahre oder Jahrzehnte hinweg geblutet haben. Ich persönlich bin dazu nicht mehr bereit. Ich kann es mir auch nicht mehr leisten. Entweder kommen die nötigen Mittel zusammen, um diesen Kampf vor Gericht nicht nur über eine Runde zu führen, sondern über die volle Distanz. Oder sie kommen nicht zusammen, dann werden wir wahrscheinlich wieder nur in der Lindenstraße stehen,statt zum Friedhof zu kommen, bis Halbe seine Anziehung für die Kameraden verloren hat und unsere Feinde damit erreicht haben, was sie wollen. Das sind die einzigen Alternativen, die ich sehe.

Abgesehen davon ist noch eine zweite Klage notwendig. Denn man hatte uns für dieses Jahr verboten, auf dem Friedhofsvorplatz Lautsprecher zu benutzen. Selbst wenn dir also dorthingekommen wären, hätte man sinnvoll keine Rede halten können, weil man unter freiem Himmel ohne Lautsprecher vielleicht zu zwei- oder dreihundert Menschen sprechen kann, nicht aber zu zweitausend...

Ein Spendenkonto können wir öffentlich nicht angeben. Das würde nur dazu führen, daß es in kürzester Zeit von der Bank gekündigt wäre. Kameradinnen und Kameraden, die sich beteiligen wollen, werden daher gebeten, sich mit mir in Verbindung zu setzen, dann teilen wir eine Bankverbindung mit. Wenn wir gewinnen und damit das Geld vom Gericht zurückkriegen, steht natürlich jedem, der sich beteiligt hat, frei, ob er seinen Anteil von uns zurückhaben möchte oder ob wir es dann für ein anderes politisches Projekt einsetzen sollen. Nur mal so als Information: soviel ich aus zweiter Hand erfahren habe, ist in Sachen Wunsiedel bisher noch keine Fortsetzungsfeststellungsklage eingereicht worden. Und zwar nicht, weil Jürgen Rieger zu faul ist, sondern wohl eher, weil er nach den Verlusten von diesem Jahr das Kostenrisiko scheut. Ob er überhaupt im nächsten Jahr noch einmal einen Versuch machen will, die Veranstaltung im Eilverfahren durchzudrücken (das zwar auch Geld kostet, aber deutlich preiswerter ist als ein
sogenanntes Hauptsacheverfahren, also die Fortsetzungsfeststellungsklage), weiß ich noch nicht. Aber wenn so was am Geld scheitern würde, wäre es echt traurig! Es wäre vor allem echt traurig, weil das Veranstaltungen sind, zu denen tausende von Kameraden gern kommen; da sollte es doch wohl möglich sein, in dem Kreis ein paar hundert EURO aufzutreiben!

Es liegt also an Euch.

Mit besten Grüßen
Christian Woch


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