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3. September - Berlin - Dortmund - Oldenburg

Nachricht von
Christian Worch

Hamburg, den 4.September 2005


Der nördliche Teil der Republik sah gestern drei Demonstrationen der nationalen Opposition; im Nordosten (Berlin), im Westen (Dortmund) und im Nordwesten (Oldenburg).

Die Demonstrationen in Berlin und Dortmund waren zum Antikriegstag (*), die in Oldenburg war von der NPD und richtete sich gegen Sozialabbau, Rentenklau und Korruption.

(*) Ja, weiß als Antikriegstag und Ausbruch des 2. Weltkrieges wird allgemein gern der 1. September angesehen. Sachlich ist das allerdings unrichtig. Am 1. September 1939 begann ein bilateraler bewaffneter Konflikt zwischen dem Deutschen Reich und Polen. Dieser wurde zwei Tage später - am 3. September 1939 – zu einem europäischen Krieg, indem die Republik Frankreich und das Vereinigte Königreich von Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärten. Was dann in weiterer Folge tatsächlich zu einem Weltkrieg führte.

In Berlin fanden sich nach Polizeiangaben 150 Teilnehmer zusammen. Meine Eingangszählung ergab etwas über 120; die Polizei gab zu dem Zeitpunkt 130 an und korrigierte das später auf 150 hoch; also wird es nach Beginn des Umzuges noch Zuzug gegeben haben. Ich gedenke der letzten polizeilichen Angabe nicht zu widersprechen.... Die Gegendemonstranten werden mit ca. 400 angegeben. Nur ein Journalist fragte mich herausfordernd, was ich denn dazu sagen würde, daß die Gegendemonstraten zehnmal soviele seien wie wir. Ich empfahl ihm eine Brille. Er beharrte auf seiner vermeintlichen Beobachtungsgabe. Ich fand das lustig, denn im Gegensatz zu ihm hatte ich die Gegendemonstranten auch von der anderen Seite aus gesehen – da die Polizei lustigerweise kurzfristig die Aufstellungsorte von Demonstranten und Gegendemonstranten gegeneinander ausgetauscht hatte, war ich in den Genuß gekommen, mir die Gegenseite aus geradezu unmittelbarer Nähe anzuschauen.... Als er trotzdem auf seiner Phantasiezahl beharrte, unbelehrbar wie so viele seines Berufsstandes, fand ich den Zeitpunkt für gekommen, das Gespräch mit ihm zu beenden.

Auch andere Gespräche erwiesen sich als geradezu erheiternd. Da war der nicht mehr ganz junge Mann mit der nicht mehr ganz jungen Frau, die einen elektrischen Rollstuhl fuhr, der mich gleich zweimal fragte, ob ich was gegen Behinderte hätte. Daß er das erste „nein“ überhörte, mag ja noch angehen, aber als er das zweite „nein“ auch noch überhörte, machte ich mir ernsthafte Gedanken darüber, ob nicht nur die Dame im Rollstuhl körperlich behindert sei, sondern vielleicht der dazugehörige Herr geistig behindert sei.

Nach so einem eher heiteren Beginn griff dann der Ernst des Demonstrantenlebens. Erstmals in meiner ganzen Demo-Zeit mußten aufgrund polizeilicher Auflagen FÜNF Ordner für das Lautsprecherfahrzeug gestellt werden; zwei pro Achse und einer, der vorwegzugehen hatte, um zu verhindern, daß der Lautsprecherwagen Demonstranten überfährt. (Als ob wir das vorgehabt hätten! Auf was für Gedanken die Bürokraten so kommen!)

Auf einen lichtvollen Gedanken kam dann vor dem Abmarsch noch Leitender Polizeidirektor Professor Michael Knape. Gegen das Tragen von Sonnenbrillen und Baseballkappen gäbe es keine Einwände. (Danke, Herr Professor! – Sie lesen die selben Gerichtsbeschlüsse wie ich, denke ich. – Oder, richtiger, Sie lesen Gerichtsbeschlüsse, die ich erwirke.....) Aber wenn dann noch jemand die Kapuze seines Pullovers darüberziehe, sei das Vermummung. – Irgendwie tat der Mann mit seiner gelegentlichen Pfennigfuchserei mir fast leid. Ich betrachtete mir da etwas grau wirkende Gesicht (Streßsyndrom?) und den zwar nicht wirklich buschigen, aber an Saddam Hussein erinnernden Bart, und dachte mir dabei, der sieht eingefallener aus als bei unserer letzten Begegnung. Ob das davon kommt, daß er sich inzwischen mit den Hertha-Fans und den Hools angelegt hat?! Viel Feind, viel Ehr. Aber Ehr‘ hat ihren Preis.....

Wir jedenfalls zogen los, nachdem auf der Auftaktkundgebung Kamerad Daniel aus Celle gesprochen hatte. Um uns herum riesige Plattenbauten; massenhaft Leute hinter offenen Fenstern oder auf Balkonen; von daher war die Strecke ideal.

Teile der vorgesehenen Strecke waren blockiert, von zwei- bis dreihundert potentiell gewalttätigen Gegendemonstranten, und der polizeiliche Professor schlug vor, sie nicht links, sondern rechts liegen zu lassen und einfach geradeaus zu marschieren. Da geradeaus mir sympathisch war und da rechts liegen lassen eine feine Ironie ist, hatte ich keine Einwände. Nach der ersten Zwischenkundgebung, auf der Kamerad Thomas aus Thüringen sprach, verfuhren wir also so.

Vor der zweiten Zwischenkundgebung meldete Professor Knape, daß nunmehr die auf vier- bis fünfhundert Personen angewachsenen und teilweise gewalttätigen Gegendemonstranten am vorgesehenen Endpunkt warten würden; man könnte sie doch ins Leere laufen lassen, indem man einfach weiter geradeaus und damit zu einem anderen Bahnhof marschiere.

Also verfuhren wir nach der zweiten Zwischenkundgebung, auf der Axel Reitz und meine Wenigkeit sprachen, genauso. Nicht, daß uns die Möglichkeit gestört hätte, von irgendwelchen Antifatzkes mit Steinen beworfen zu werden. Manchmal ist das sogar erheiternd, wenn die Helden aus der letzten Reihe sportlich so wenig drauf haben, daß ihre Steine eher die Helden in der ersten – eigenen- Reihe treffen. Aber es muß ja auch nicht sein; und wenn man sie elegant ins Leere laufen lassen kann, hat das auch einen sehr erheiternden Aspekt.

So endete die Veranstaltung dann ohne erwähnenswerte Zwischenfälle.

Die in Dortmund hatte nach Presseangaben 100 Teilnehmer; eigene Quellen sprechen von 150 bis 200. Die Gegendemonstranten werden in den Medien mit rund tausend angegeben; eigene Quellen nennen eine niedrigerer Zahl, um 400. Er gab wohl vereinzelte Durchbruchsversuche, die allerdings zu keinem Ergebnis führten.

Die Demonstration in Oldenburg hatte nach Medienangaben 100 Teilnehmer und stand angeblich etwa 1.400 Teilnehmern gegenüber; es gab vierzig Festnahmen. Zwar sagen die Medien nicht, von welcher Seite, aber die Vermutung liegt nahe, daß es sich um Linksextremisten handelt, die ein wenig zu massiv vorgegangen sind. Was sie in Oldenburg gern einmal tun. – Ein Bericht aus eigenen Quellen über Oldenburg liegt zur Zeit noch
nicht vor.

Mit besten Grüßen
Christian Worch


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